Die grün-geführte Landesregierung kurbelt den Bau von bezahlbaren Wohnungen mit Hilfe einer Wohnraumoffensive an. Wir haben mit Ministerpräsident Winfried Kretschmann über das neue Maßnahmenpaket gesprochen.
Wie in fast allen wirtschaftsstarken Regionen der Welt ist auch in Baden-Württemberg vielerorts der bezahlbare Wohnraum knapp. Ist Wohnen die neue soziale Frage unserer Zeit?
Ja, hier ist wirklich etwas grundlegend ins Rutschen geraten. Immer mehr Menschen tun sich richtig schwer, eine Wohnung zu finden, die sie sich leisten können. Selbst wenn man ordentlich verdient, geht manchmal locker die Hälfte vom Lohn fürs Wohnen drauf.
Das bereitet mir große Sorgen. Denn Wohnen ist ein Grundbedürfnis. Und eine Gesellschaft, in der die Sorge um eine erschwingliche Wohnung grassiert, die gibt Menschen keine Heimat mehr.
„Ich will aber, dass gerade auch die Menschen, die unsere Gesellschaft so dringend braucht – Krankenpfleger, Erzieherinnen, Polizisten – sich eine Wohnung in der Nähe ihres Arbeitsplatzes leisten können.“
Deshalb hat sich meine Landesregierung beim Wohnungsbau von Beginn an richtig reingehängt. Pro Jahr stecken wir eine Viertelmilliarde Euro in die Wohnraumförderung. Das ist fünfmal mehr als vor unserer Regierungszeit. Davon gehen allein 180 Millionen Euro in den sozialen Wohnungsbau. Außerdem haben wir alle am Wohnungsbau beteiligten Partner ins Boot geholt und die Wohnraumallianz gegründet. Denn der Wohnungsbau ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe.
Aber trotz der Rekordinvestitionen haben wir gesehen, dass unsere Anstrengungen noch nicht ausreichen. Dass wir noch innovativer und mutiger an das Problem herangehen müssen. Und deshalb haben wir uns nochmal richtig dahinter geklemmt und eine neue Wohnraumoffensive an den Start gebracht, die das Wohnungsproblem an den entscheidenden Punkten anpackt. Da es der Markt alleine sicher nicht richten wird, übernehmen wir als öffentliche Hand noch mehr Verantwortung.
Was heißt das konkret?
Das Problem ist ja nicht nur, dass zu wenig neue Wohnungen entstehen. Das Problem ist vor allem auch, dass zu wenig bezahlbarer Wohnraum gebaut wird. Also Wohnungen, die sich auch Familien mit normalen oder geringen Einkommen leisten können.
Und genau da setzen wir an: Wir stärken ganz gezielt diejenigen Akteure auf dem Markt, die sich auch tatsächlich auf bezahlbares Wohnen konzentrieren. Also kommunale Wohnbaugesellschaften und Wohnbaugenossenschaften. So unterstützen wir mit unserem neuen Grundstücksfonds Gemeinden, die das alleine nicht hinkriegen würden, beim Kauf von Flächen und helfen ihnen dann auch, diese Flächen zu entwickeln.
180
Millionen für den sozialen Wohnungsbau.Denn ein Knackpunkt der aktuellen Wohnungsmisere ist ja, dass es zu wenige baureife Flächen gibt. Gerade deshalb ist es so wichtig, dass auf den eh schon knappen Flächen nicht irgendwelche Penthäuser und Luxuswohnungen gebaut werden, sondern ganz bewusst Wohnungen im unteren und mittleren Preisbereich. Deshalb fördern wir sogenannte Konzeptvergaben. Das heißt: Beim Verkauf neuer Flächen bekommt nicht einfach das Unternehmen den Zuschlag, das den höchsten Preis bietet. Sondern derjenige mit dem besten Konzept, der also auch günstige Wohnungen baut. Auf diese Weise haben dann auch Genossenschaften oder andere Initiativen eine faire Chance, an Flächen für ihr Bauprojekt zu kommen. Außerdem unterstützen wir Unternehmen dabei, Sozialwohnungen für ihre Beschäftigten zu bauen.
Mir war aber auch wichtig, dass wir innovative Ansätze fördern. Also etwa den Holzbau oder die Modulbauweise, die das Bauen günstiger machen oder die sich viel schneller umsetzen lassen als ein herkömmlicher Neubau. Oder auch das Aufstocken von Wohnhäusern um ein weiteres Stockwerk. So könnte man im Land zehntausende neue Wohnungen schaffen.
Außerdem schafft die Regierung ein neues Kompetenzzentrum für den Wohnungsbau. Welches Ziel verfolgt ihr damit?
Gerade kleinere Gemeinden kommen bei der Entwicklung von Grundstücken oder der Verhandlung mit Investoren an ihre Grenzen. Viele haben bisher nicht selbst Wohnungen gebaut. Sie brauchen jemanden, der ihnen dabei unter die Arme greift. Und genau das wird die Aufgabe des neuen Kompetenzzentrums sein. Die Kommunen bekommen dort Coaching und Beratung für alle wichtigen Fragen rund um den Wohnungsbau – von der Planung bis zu Konzeptvergaben. Außerdem sucht das Kompetenzzentrum systematisch nach bebaubaren Flächen im Land, um für mehr neuen Wohnraum zu sorgen. Und es soll zu einem landesweiten Umschlagplatz für neue, innovative Lösungsansätze für einen zukunftsfähigen Wohnungsbau werden.
Außerdem habt Ihr auch die Landesbauordnung überarbeitet. Worum geht es da?
Mit der Reform verfolgen wir zwei Ziele: Zum einen wollen wir das Bauen vereinfachen und unbürokratischer machen – und damit auch günstiger und schneller. Ich nenne nur als Stichwort den digitalen Bauantrag. Zum anderen machen wir die Landesbauordnung fit für die Herausforderungen von Morgen. So wird Elektromobilität und Fahrradfahren immer mehr an Bedeutung gewinnen – und das wird sich künftig auch beim Bauen niederschlagen, beispielsweise durch Ladesäulen für Elektroautos. Und auch bei den Vorgaben für Fahrradstellplätze konnten wir uns mit unserem Koalitionspartner auf einen guten Kompromiss einigen.
Ich bin mir sicher, dass wir auf einem guten Weg sind. Mit der neuen Landesbauordnung und vor allem mit der Wohnraumoffensive sorgen wir für mehr Wohnungen, die sich auch Menschen mit normalen oder geringeren Einkommen leisten können.
Eckpunkte für eine Wohnraumoffensive und zur Änderung der Landesbauordnung auf Baden-Württemberg.de