Umwelt- und Naturschutz sind schon lange Herzensanliegen von Andre Baumann. Seit Mai 2016 tritt er als Staatssekretär im Umweltministerium für sie ein. Zuvor war der promovierte Biologe Landesvorsitzender des NABU Baden-Württemberg. Im Interview mit den Grünen Blättern spricht der Schwetzinger über seine Ziele und den Wechsel ins Ministerium.
Das Gespräch führte Julia Link für Grüne Blätter 1/2017: Ökologie
Was hast du dir für deine Amtszeit vorgenommen?
Drei Themen sind mir besonders wichtig: die Energiewende, der Ressourcenschutz und die Förderung der biologischen Vielfalt. Wir müssen Energie und Rohstoffe nachhaltiger einsetzen. Der reiche, eher rohstoffarme Norden, lebt noch zu sehr auf Kosten ärmerer Länder, von denen wir Rohstoffe beziehen. Mit unserer Landesstrategie Ressourceneffizienz wollen wir den Ressourcenverbrauch vom Wirtschaftswachstum entkoppeln.
Ob bunte Streuwiesen oder Wacholderheiden: Wir haben in Baden-Württemberg wunderschöne und sehr artenreiche Kulturlandschaften. Sie prägen das Bild unserer Heimat, brauchen aber Pflege. Darum bitte Streuobstsaft trinken. Das ist praktizierter Artenschutz. Und wer dazu Lammfleisch aus dem Ländle essen möchte, unterstützt unsere Schäferinnen und Schäfer und hilft, unsere Kalkmagerrasen und Wachholderheiden zu erhalten. Grüne Politik hat die Mittel für eine gesunde Natur seit 2011 auf über 60 Millionen Euro verdoppelt. Auch in den nächsten Jahren wollen wir mehr Geld für eine naturverträgliche Nutzung und Pflege des europäischen Naturerbes Natura 2000 geben.
Welches Umweltthema ist dir ganz persönlich ein großes Anliegen?
Das neuartige, massive Insektensterben ist eine echte Katastrophe: Seit der Jahrtausendwende ist die Insektenbiomasse um 80 Prozent zurückgegangen. Der dramatische Rückgang der summenden Bioindikatoren zeigt: Mit unserem Ökosystem läuft etwas falsch. Die Bestände der Feldlerchen und anderen insektenfressenden Vogelarten sind brutal zusammengebrochen. Wir brauchen daher wieder mehr blühende Landschaften und vor allem weniger Pestizide, also eine nachhaltigere Agrarpolitik in der EU und in Deutschland.
Es gibt ja immer wieder Proteste von Naturschutzverbänden gegen Windräder, weil sie im Lebensraum bedrohter Tierarten stehen sollen. Ist dieser Konflikt ein Thema für dich?
Wir können sowohl die Windkraft ausbauen als auch den Naturschutz voranbringen. Es muss das Ziel sein, dass es so viele Rotmilane gibt, dass auch mal ein Einzelner in einem Rotor umkommen kann. Wir haben viele fachliche Hinweise erarbeitet, die auch dem Artenschutz von Vögeln und Fledermäusen dienen. Das war anstrengend, aber jetzt haben wir gute Regeln. Wenn die eingehalten werden, bekommen wir das hin. Und das sage ich als Ornithologe.
Wie hast du den Wechsel vom Lobbyverband ins Kabinett erlebt?
Ich würde lügen, wenn ich sagte, es wäre einfach gewesen. Auch in der neuen Rolle sind aber die Ziele und großen Herausforderungen geblieben. Ich bin nach wie vor begeistert und voller Energie, unsere grünsten Ziele zu erreichen.
Ist es manchmal schwierig, die Regierung nicht öffentlich kritisieren zu können? Oder gibt es nichts mehr zu kritisieren, seit du selbst Einfluss nehmen kannst?
Natürlich ringen wir um den besten Weg – dass es innerhalb der Regierung verschiedene Interessen gibt, ist kein Geheimnis. Aber jetzt kann ich meine Kritik einbringen und mitbestimmen. Wenn mir etwas massiv gegen den Strich ginge, würde ich mich schon so frei fühlen, das mitzuteilen. Das war aber bislang nicht nötig. Es ist gut, dass wir einen grünen Ministerpräsidenten haben, dem der Natur- und Umweltschutz ein Herzensanliegen ist.
Ein Beitrag aus unserer Mitgliederzeitschrift zum Thema Ökologie: Grüne Blätter 1/2017: Ein Fuchs muss tun, was ein Fuchs tun muss