Seit Jahren erfolgt eine Diskursverschiebung nach rechts. Dafür ist nicht nur die AfD verantwortlich, sondern auch konservative Steigbügelhalter*innen. Was das bedeutet und wie Konservative Rechtsextreme salonfähig gemacht haben, erklärt Landesvorstandsmitglied Marcel Emmerich in seinem Beitrag.
Von Marcel Emmerich für Grüne Blätter 4/2019: Mutbürger statt Wutbürger
Seit Oktober 2018 ist die AfD in allen Landesparlamenten vertreten, rechte Straftaten nehmen zu und rechter Terror ist immer häufiger Thema in der Tagesschau. Dieser Rechtsruck vollzieht sich nicht erst seit gestern, sondern seit vielen Jahren. Und es sind zwar Rechtsextreme, die diese Entwicklung mit Gewalttaten auf grausame Weise auf die Spitze treiben, doch der Weg dorthin wurde auch durch politische Sprache bereitet. Ressentiments, rechte Narrative und Rassismus breiten sich bis in die Mitte der Gesellschaft aus.
Angst und Sorge dienen als Tarnkappe für Rechte
An dieser Entwicklung haben auch Konservative einen Anteil. Minister*innen, Fraktionsvorsitzende und Bürgermeister*innen. So fiel beispielsweise Andreas Scheuer im September 2016 mit dem Satz „Das Schlimmste ist ein fußballspielender, ministrierender Senegalese, der über drei Jahre da ist – weil, den wirst du nie wieder abschieben“ auf. Vor 15 Jahren wäre so ein rassistischer Ausbruch ein Fall für einen Rücktritt gewesen, doch in heutigen Zeiten wird Kritik daran als überzogene Political Correctness beschimpft. Stammtisch-Parolen dürfen offenbar immer diskriminierender und menschenfeindlicher werden, während sie gleichzeitig Einzug in politische Debatten halten. Rassismus wird so ein bürgerliches Antlitz verliehen und zu einer legitimen Meinung erhoben, die diskussionswürdig erscheinen soll, wodurch sich Rechtsextreme bestärkt fühlen. Angst und Sorge dienen als Tarnkappen, die den Rassismus verdecken, wie die Publizistin Carolin Emcke es in ihrem Essay „Gegen den Hass“ treffend formuliert.
Diskriminierende Sprache ist wie ein Brandbeschleuniger
Wer das Sagbare immer weiter nach rechts verschiebt, sodass es Worte wie „Gutmenschen“ in den politischen Sprachgebrauch schaffen, spaltet die Gesellschaft. Damit wurden Scheuer & Friends zu Brandbeschleuniger*innen, die immer ein großes Ölfass dabei haben, um es ins Feuer gießen zu können. Das hat dann nichts mehr mit Konservatismus zu tun, sondern ist fahrlässiges Gerede von rechts. Zwar hat sich in den letzten Monaten der Ton entschärft, aber wie viel Reflektion und Verantwortungsbewusstsein dahinter steckt, wird sich erst noch zeigen müssen.
Solidarität zeigen und Haltung beweisen
Als Verfechter*innen einer offenen Gesellschaft, die solche Tendenzen zurückdrängen will, liegt es an uns GRÜNEN, Solidarität mit den Ausgegrenzten, Widerspruch und Haltung zu zeigen. Egal ob aus Bayern, Baden-Württemberg oder sonst woher – wir stehen ein gegen Hetze und rechtes Gedankengut.
Ein Beitrag aus unserer Mitgliederzeitschrift zum Thema Rechtsradikalismus: Grüne Blätter 4/2019: Mutbürger statt Wutbürger