Die Südwest-Grünen erreichen ein Jahr vor der Landtagswahl in Umfragen Spitzenwerte, zuletzt 17 Prozent. Die Parteichefs Silke Krebs und Chris Kühn wollen aber trotz neuer Stärke nicht schon nach Regierungspartnern schielen. „Wir gehen unseren eigenen Weg“, beteuern sie.
Von Armin Kübler
„Wir Grünen haben Rückenwind, Schwarz-Gelb befindet sich im Sinkflug“, so analysiert das grüne Spitzenduo die jüngsten Umfragewerte. Würde am Sonntag der neue Landtag gewählt werden, lägen die Grünen laut Infratest bei 17 Prozent. Bei der Wahl 2006 waren es 11,7 Prozent. Doch Silke Krebs tritt beim Redaktionsbesuch bei der SZ etwas auf die Euphoriebremse: „Die eigentliche Arbeit liegt noch vor uns. Wir wollen Wählerstimmen und keine Umfrageergebnisse.“
Die 44-jährige Krebs und der 31-jährige Chris Kühn stehen seit vergangenen November an der Spitze der Südwest-Grünen. Auf dem Parteitag in Biberach lösten sie damals Petra Selg und Daniel Mouratidis ab.
Auf Halten wollen die Grünen also nicht spielen. Im schwarz-gelb regierten Baden-Württemberg liege vieles im Argen, trotz anziehender Konjunktur, sagt Krebs. „Die Menschen wissen, dass der Boden unter unseren Füßen zwar nicht mehr zusammenbricht, aber immer noch wackelig ist.“ Als Beispiel nennt sie die Automobilindustrie, wo die weltweiten Überkapazitäten immer noch nicht abgebaut seien. Das Land müsse ökologisch und ökonomisch umgebaut werden. „Für eine wirkliche Zukunftsperspektive ist ein Strukturwandel nötig.“
Ein Thema aus der Gründungszeit der Grünen macht derzeit wieder Schlagzeilen: die Kernkraft. Viele Parteimitglieder zogen vor vier Wochen nach Neckarwestheim, um dort zu demonstrieren. Gegen die geplante längere Laufzeit von Block I, dessen Reststrommengen fast aufgebraucht sind. „Das ist ein Pannenreaktor, der seit seinem Start 400 Störfälle hatte. Wir Grünen kämpfen so lange, bis er stillgelegt ist“, sagt Kühn.
Beim Thema Kernkraft gibt es keinen gemeinsamen Nenner mit der CDU. Und sonst? Wäre Schwarz-Grün eine Option im Land? „Bei Farbenspielen machen wir derzeit nicht mit. Wir Grünen werden mit einem klaren Kurs der Eigenständigkeit in den Wahlkampf gehen. Wir schließen keine Regierungskonstellation aus. Wir sehen uns auch nicht mehr als das Anhängsel einer anderen Partei.“
Nachdem die Grünen in den Städten seit längerem Erfolge feiern, wollen sie auch in den CDU-Hochburgen auf dem Land dazugewinnen. Ansatzpunkte gebe es viele, sagt Krebs, beispielsweise in der Schulpolitik. „Die Werkrealschule hat vor Ort fatale Folgen für die Schulstruktur.“ Auch beim Thema Milchpreise habe die CDU keine Antwort.
Doch die Grünen machen sich mit ihren Positionen nicht nur Freunde. Dass die Partei nach der Ablehnung von Stuttgart 21 nun auch noch die Schnellbahntrasse nach Ulm skeptisch sieht, hat im Hinterland von Ulm viel Unmut erregt. Kühn dazu: „Es gibt den Bedarf für die Trasse, aber das Projekt ist im Moment nicht sinnvoll geplant. Es braucht eine Korrektur.“
Quelle: Schwäbische Zeitung