Elektromobilität, Reichweitenangst und Veränderungen des Arbeitsmarktes in der Automobilindustrie – es wird derzeit viel und heiß über das Auto diskutiert. Um auf diese Diskussionen einen neuen Blickwinkel zu bekommen hat sich die Grüne Blätter Redaktion aufgemacht in das Jahr 1910, um mit der Pionierin des Automobils Bertha Benz zu sprechen.
Das Gespräch führte die Redaktion für Grüne Blätter 2/2017: Mobilität
Du warst im 1888 die erste Autofahrerin überhaupt und hast eine Fahrt über 100 Kilometern gewagt. Wie kam es dazu und wie verlief die Fahrt?
Oh ja, das war schon ein besonderes Unterfangen. Mein Mann Carl arbeitete seit Jahren an der Entwicklung des Motorwagens, doch keiner glaubte so Recht an seine Entwicklung. Jahrelang wurde er nur verspottet. Meine Schwester hatte damals ein Kind bekommen und ich wollte sie besuchen gehen. Statt die Eisenbahn, beschloss ich mit meinen beiden Söhnen das Automobil zu nehmen und damit von Mannheim nach Pforzheim zu fahren. Meinem Mann erzählte ich davon nichts, er hätte das niemals zugelassen. Und mit einiger Aufregung war die Fahrt dann auch verbunden: Eine verstopfte Dichtung musste ich zum Beispiel mit meiner Hutnadel reinigen. Natürlich waren die Menschen auch sehr verdutzt über unseren Anblick und dachten wir kä- men direkt aus der Hölle. Welche Entwicklungen in Sachen Automobil gibt es denn bei euch inzwischen?
Derzeit arbeiten wir daran, die Elektromobilität voranzubringen. Denn der Verbrennungsmotor schadet unserem Klima und der Umwelt. Doch viele befürchten, mit einem solchen Auto komme man nicht weit.
Toll — Fahrzeuge die mit Elektrizität fahren! Das klingt sehr spannend. Das Problem der Reichweite begegnete uns auf der Fahrt nach Pforzheim auch. In Wiesloch hatten wir keinen Treibstoff mehr und waren kurz davor zu verzweifeln. Doch uns kam eine Idee. Das Ligroin – also Leichtbenzin mit dem wir damals fuhren, konnten wir in einer Apotheke vor Ort kaufen. Damit wurde die Stadt-Apotheke von Wiesloch die erste Tankstelle der Welt. Erst nach und nach gibt es jetzt mehr Tankstellen, das wird bei euch wohl ähnlich sein. Lasst euch von diesen Sorgen nicht aufhalten — Veränderungen erfordern eben Mut.
Sorgen vor Veränderungen gibt es bei uns auch. Wie reagierten damals die Menschen?
Sie Standen dem Motorwagen sehr kritisch gegenüber. Kaiser Wilhelm II. war einer unserer größten Gegner. Er war der Meinung, die Straße gehöre den Pferden. Doch einige Jahre später rüstete er sogar selbst seinen Marstall in einen Fuhrpark um und wir behielten in Sachen Mobilität Recht. Die Stallburschen des Kaisers riechen seit dem nicht mehr nach Pferden, sondern nach Pferdestärken und Benzin.
Ein Beitrag aus unserer Mitgliederzeitschrift zum Thema Mobilität: Grüne Blätter 2/2017: Wir wollen mehr erreichen