Die baden-württembergischen Grünen haben einen Zehn-Punkte-Plan für einen besseren Klimaschutz im Land vorgelegt. Der macht deutlich: Wir brauchen ein umfassendes Gesamtpaket, das den drei E – mehr Energieeffizienz, Energieeinsparung und erneuerbare Energien – folgt und Maßnahmen aus den klimapolitisch relevanten Bereichen Strom, Wärme und Verkehr umfasst.
1. CO2-Emissionen bis 2020 um 40 Prozent senken
Die Landesregierung muss sich klar zum CO2-Reduktionsziel der Bundesregierung von minus 40 Prozent bis zum Jahr 2020 (gegenüber dem Referenzjahr 1990) bekennen und ein geeignetes Maßnahmenpaket vorlegen. Bislang fällt die Bilanz mager aus: Baden-Württemberg erreicht noch nicht einmal die selbst gesteckten Ziele einer CO2-Minderung um 12 Prozent bis 2010, sondern hat im Vergleich zu 1990 keinerlei Reduktion erzielt.
2. 30 Prozent erneuerbare Energien beim Strom bis 2020
Der Ausbau der erneuerbaren Energien im Land muss wesentlich kraftvoller vorangetrieben werden. Denn Baden-Württemberg hinkt bisher bei den erneuerbaren Energien weit hinter den klimapolitischen Notwendigkeiten hinterher. Das Land darf aber nicht weiter vom bundesweiten Aufwärtstrend abgekoppelt werden. Neben einer umweltverträglichen Biomassenutzung ist es notwendig, dass die Landesregierung ihre Blockadehaltung bei der Windkraft endlich aufgibt. Denn während in Rheinland-Pfalz, einem ähnlich strukturierten Binnenland, die Windkraft 6,5 Prozent zur Stromerzeugung beiträgt, sind es in Baden-Württemberg magere 0,47 Prozent.
3. 50 Millionen Euro: Damit der Wirtschaftsaufschwung nicht zu Lasten des Klimas geht
Dank der boomenden Wirtschaft verzeichnet das Land in diesem und im kommenden Jahr rund eine Milliarde Euro Steuermehreinnahmen. Damit der Wirtschaftsaufschwung nicht mit zusätzlichen CO2-Emissionen erkauft wird, fordern wir für die nächsten beiden Jahre je 50 Millionen Euro zusätzlich für Klimaschutzmaßnahmen.
4. Mehr Energieeffizienz durch mehr Kraft-Wärme-Kopplung
Um die Effizienz bei der Energieerzeugung durch vermehrte Kraft-Wärme-Kopplung deutlich zu steigern, muss das Land diese nicht nur durch innovative Modellprojekte wie das viel zu gering ausgestattete Programm „Klimaschutz-Plus“, sondern auch in der breiten Anwendung fördern. Um die Wärmenachfrage außerhalb des industriellen Sektors sicher zu stellen, muss das Land im Bündnis mit den Kommunen ganz besonders die Einrichtung von Nahwärmenetzen fördern und voranbringen.
5. Wärme sparen und erneuerbare Wärme stärken
Der Vorstoß der Landesregierung für ein Regeneratives-Wärme-Gesetz ist ein Schritt in die richtige Richtung, der zeigt, dass grüne Argumente manchmal auch bei der Regierung Niederschlag finden. Dennoch sehen wir noch an verschiedenen Stellen Nachbesserungsbedarf: So sollte das Wärmegesetz nicht allein auf Wohngebäude begrenzt bleiben, sondern auch für Bürogebäude, Behörden oder Schulen gelten. Außerdem muss sichergestellt werden, dass die erneuerbare Wärme ökologisch gewonnen wird – so sind etwa beim Bioöl als Brennstoff ökologische Leitplanken notwendig. Das Land muss außerdem durch energetische Gebäudesanierung das CO2-Aufkommen landeseigener Gebäude von 500.000 Tonnen pro Jahr (2000) auf unter 250.000 Tonnen im Jahr 2020 drücken. Dadurch ließen sich auch die jährlichen Heizkosten für landeseigene Gebäude in Höhe von derzeit rund 100 Millionen Euro deutlich reduzieren.
6. Autoland Baden-Württemberg: Umweltverträgliche Autos statt Spritschlucker
Die IAA in Frankfurt hat kürzlich deutlich gemacht: Die deutsche Automobilindustrie ist auffällig um ein ökologisches Image bemüht. Leider hinkt aber die tatsächliche Produktpalette dieser neuen Marketingstrategie um Meilen hinterher. Auch das Autoland Baden-Württemberg folgt noch immer viel zu sehr der Logik des „Größer, Stärker, Schneller“. Ministerpräsident Oettinger muss sich deshalb auch persönlich bei den Autoschmieden und -zulieferern im Land für die Herstellung innovativer, kraftstoffsparender, umweltverträglicher Motoren und Autos stark machen. Das ist auch ein Gebot der ökonomischen Vernunft. Denn die baden-württembergischen Autokonzerne werden künftig im internationalen Wettbewerb nur bestehen können, wenn sie den Spritverbrauch deutlich senken.
7. Schieneninfrastruktur in der Fläche statt Milliardengrab Stuttgart 21
Das Land soll die Investitionsmittel im Schienenverkehr dafür einsetzen, die Schieneninfrastruktur in der Fläche auszubauen und dadurch die Attraktivität des Verkehrsträgers Bahn im Flächenland Baden-Württemberg zu steigern. Stuttgart 21 halten wir nach wie vor für eine verkehrs- und finanzpolitische Geisterfahrt. Deshalb unterstützen wir die Pläne, in Stuttgart einen Bürgerentscheid über das Milliardenprojekt herbeizuführen. Falls Stuttgart 21 nicht mehr gestoppt werden kann, fordern wir, dass das Prestigeobjekt keine Kürzungen im öffentlichen Nahverkehr zur Folge haben darf. Die dem Land vom Bund nach dem Entflechtungsgesetz zugewiesenen Finanzmittel müssen zu mindestens 70 Prozent für Investitionen zur Verbesserung des öffentlichen Nahverkehrs verwendet werden.
8. Schienenregionalverkehr statt Straßenbau
Das Land muss die mit dem Fahrplanwechsel im Juni 2007 vorgenommenen Zugstreichungen im Schienenregionalverkehr zurücknehmen. Hierzu sind die vorgesehenen 30 Millionen Euro Mehrausgaben für den Straßenausbau umzuschichten – das ist auch ein Beitrag gegen unnötigen Flächenverbrauch.
9. Öko-Landbau ist Lebensqualität
Der Öko-Landbau und andere Landnutzungsformen ohne Einsatz synthetischer Behandlungsmittel müssen im Rahmen der EU-ELER-Verordnung und der Gemeinschaftsaufgabe Agrarstruktur und Küstenschutz bei Anbau, Vermarktung und Beratung deutlich stärker als bisher gefördert werden. Denn: Allein die Produktion der jährlich in Baden-Württemberg eingesetzten synthetischen Pestizide und Düngemittel führt zu einer Belastung von etwa 6 Millionen Tonnen CO2.
10. Grünes Modellprojekt Biosphäre Schwäbische Alb
Das geplante Biosphärengebiet Mittlere Schwäbische Alb soll zu einer weltweiten Vorbildregion für Bioenergie werden und sich mittelfristig nach dem Vorbild des Bioenergiedorfes Mauenheim zu 100 Prozent selbst mit erneuerbaren Energien versorgen. Solares Bauen, Biomasse aus Landschaftspflege, Trester und Restholz, Verwendung regionaler Baustoffe, Nahwärmenetze und Wärmenutzung aus Abwasserkanälen sowie Kraftwärmekopplung sind entsprechend auszubauen.