Beim „March for Science“ gehen am Samstag, 22. April 2017, weltweit Menschen für die Freiheit der Wissenschaft auf die Straße. In Baden-Württemberg demonstrieren die Menschen in Freiburg, Heidelberg, Stuttgart und Tübingen. Ein Gespräch mit dem Grünen Landesvorsitzenden Oliver Hildenbrand, der an der Kundgebung in Stuttgart und an der Demonstration in Tübingen teilnimmt.
Oliver, du gehst für die Freiheit der Wissenschaften auf die Straße. Ist diese Freiheit denn bedroht?
Wir erleben in diesen Tagen weltweit eine Welle von Repressalien gegen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. US-Präsident Donald Trump leugnet den menschengemachten Klimawandel, kürzt die Mittel für die Forschung und twittert „alternative Fakten“ in die Welt hinaus. Der türkische Präsident Erdogan lässt zahlreiche Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler entlassen und verhaften. Und der ungarische Ministerpräsident Victor Orban will die Central European University in Budapest schließen. Wissenschaftsfreiheit ist wie Meinungs- und Pressefreiheit konstitutiv für die Demokratie. Sie ist Gradmesser einer freiheitlichen Gesellschaft und unverzichtbar für das Streben nach neuen Erkenntnissen. Unsere Gesellschaft braucht innovative Ideen und kritisches Denken. Unsere Wissenschaft braucht eine internationale Wissenschaftscommunity. Forschung macht schon lange nicht mehr an Landesgrenzen halt. Alle, die für eine freiheitliche Demokratie eintreten, sind aufgerufen, sich an den Märschen für eine freie Wissenschaft zu beteiligen.
„Wissenschaft ist die Quelle von Fortschritt und Kritik“
Es geht also nicht zuletzt um internationale Solidarität. Siehst du die Freiheit der Wissenschaften auch in Deutschland bedroht?
Leider gibt es mit der AfD auch in Deutschland eine Partei, die den menschengemachten Klimawandel leugnet und die in der Geschichtswissenschaft aus ideologischer Verblendung eine radikale Wende in der Erinnerungskultur haben und außerdem die Genderforschung beenden will. Wir haben in Baden-Württemberg eine lange Tradition von großen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern. Denken wir nur an Johannes Kepler oder Albert Einstein. Auch diese beiden großen Denker waren schon von Engstirnigkeit und Ausgrenzung bedroht: Kepler musste seine Mutter Katharina in einem Hexenprozess verteidigen, Einstein wurde vom Antisemitismus verjagt. Wir Grüne sind fest davon überzeugt, dass Wissenschaft nur in Freiheit und Verantwortung gedeihen kann. Wissenschaft ist die Quelle von Fortschritt und Kritik, von Geist und Kreativität sowie von Forschung und Entwicklung. Wir brauchen die Klugheit, die Kreativität und den Mut der Wissenschaft, um nachhaltige Lösungen für die sozialen, ökonomischen und ökologischen Zukunftsfragen zu erarbeiten.
Was tut die grün-geführte Landesregierung in Baden-Württemberg, um Freiräume für Wissenschaft und Forschung zu sichern und um Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zu stärken?
Unser Wissenschaftsministerin Theresia Bauer hat für unsere Hochschulen 1,7 Milliarden Euro zusätzlich bis 2020 bereitgestellt. Damit geht die grün-geführte Landesregierung bundesweit voran und setzt als erstes Bundesland die Empfehlungen des Wissenschaftsrats um. Für die Hochschulen und ihre Beschäftigten bedeutet das Planungssicherheit und Verlässlichkeit. Noch nie haben so viele junge Menschen im Südwesten studiert wie zurzeit. Die grün-geführte Landesregierung hat deshalb die Zahl der Studienanfängerplätze um rund 22 500 aufgestockt. Bis zum Wintersemester 2015/16 haben wir außerdem 6 300 neue Master-Studienplätze geschaffen. Als Reaktion auf die weltweit dramatisch zunehmenden Angriffe auf die Wissenschaftsfreiheit hat das Land ein Hilfsprogramm für verfolgte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aufgelegt, das ihnen die Fortsetzung ihrer Forschungsarbeit in einem sicheren Umfeld an einer Hochschule in Baden-Württemberg ermöglicht.
„March for Science“ in Baden-Württemberg
- In Freiburg um 11 Uhr am Platz der Weißen Rose im Innenhof der Universität, Schlusskundgebung am Augustinerplatz
- In Heidelberg um 15 Uhr am Friedrich-Ebert-Platz, Abschlusskundgebung auf dem Universitätsplatz um 17 Uhr
- In Stuttgart um 10:30 Uhr mit einer Kundgebung auf dem Schlossplatz, anschließend geht es mit dem Zug nach Tübingen
- In Tübingen um 13 Uhr auf der Neckarinsel, Abschlusskundgebung vor der Neuen Aula um 14 Uhr
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