„Die Reform des Kommunalwahlrechts war wichtig und richtig. Viele Jugendliche haben ihre Chance bei Bürgermeister- und Oberbürgermeisterwahlen genutzt und ihre Stimme abgegeben“: So lautet die erste Bilanz von Grünen-Landeschef Chris Kühn nach Absenkung des Wahlalters auf kommunaler Ebene in Baden-Württemberg.
Seit April dieses Jahres dürfen 16- und 17-Jährige auf kommunaler Ebene wählen. Die Wahlbeteiligung der Jungwähler bei den bisher 17 Oberbürgermeister- und Bürgermeisterwahlen war fast so hoch wie bei den Erwachsenen und ist laut Kühn damit „absolut ermutigend“. Als Beispiele nennt der Grünen-Landesvorsitzende die OB-Wahlen in Singen und Aalen – hier gab mindestens jeder dritte jugendliche Wähler seine Stimme ab. Kleine Gemeinden melden sogar eine 50-prozentige Beteiligung. „Das zeigt, dass Jugendliche mitbestimmen und ihre Zukunft mitgestalten wollen“, sagt Chris Kühn. „Ein nächster Schritt muss jetzt sein, dass 16- und 17-Jährige auch auf Landes- und Bundesebene wählen dürfen,“ fordert der Grünen-Landesvorsitzende.
Mitentscheiden dürfen die 16- und 17-Jährigen nun auch bei Bürgerentscheiden auf kommunaler Ebene. Die erste Gelegenheit dazu werden sie in Mannheim haben: Hier können sie am 22. September für oder gegen eine geplante Bundesgartenschau stimmen, die 2023 stattfinden soll.
Singen war die erste Stadt, in der eine Wahl nach dem neuen Wahlrecht stattfand. Im ersten Wahlgang stimmten 37 Prozent der Jungwähler über den neuen OB ab (Wahlbeteiligung insgesamt 44 Prozent). Im zweiten Wahlgang waren es sogar 44 Prozent (Wahlbeteiligung 48 Prozent). In Aalen mischten wenige Wochen später 40,5 Prozent der 16- und 17-Jährigen bei der OB-Wahl im ersten Wahlgang mit – die Wahlbeteiligung insgesamt lag bei 45 Prozent. Im zweiten Wahlgang gaben laut einer Stichprobenerhebung der Stadt Aalen 37 Prozent der Jungwähler ihre Stimme ab – bei einer Gesamtwahlbeteiligung von 43,6 Prozent. Noch höher fiel die Beteiligung der jugendlichen Wähler in den Gemeinden Höpfingen (Neckar-Odenwald-Kreis) und Grafenberg (Landkreis Reutlingen) aus. Dort stimmte laut Gemeindeauskunft jeder zweite der jungen Wahlberechtigten über den künftigen Bürgermeister oder die künftige Bürgermeisterin ab.
In Illingen (Enzkreis) gingen, so die Auskunft aus dem Rathaus, insgesamt nur 28 Prozent der Bürgerinnen und Bürger zur Wahl; bei 28 Prozent lag auch die Wahlbeteiligung der 16- und 17-Jährigen. 32 Prozent der Wahlberechtigten stimmten in Pliezhausen (Kreis Reutlingen) ab – 26 Prozent waren es bei den Jungwählern. Bei der Bürgermeister-Wahl in Philippsburg (Landkreis Karlsruhe) zeigten die Jugendlichen allerdings mit 10 Prozent Wahlbeteiligung deutlich weniger Interesse als die Erwachsenen – die Wahlbeteiligung lag insgesamt bei rund 49 Prozent. Kühn: „Ausreißer gibt es immer und dürfen nicht überbewertet werden.“
Ziel der grün-roten Landesregierung ist, die Mitwirkungsrechte junger Menschen zu stärken. Durch das Absenken des Wahlalters sollen sie frühzeitig in demokratische Diskussions- und Entscheidungsprozesse eingebunden werden. Grünen-Landeschef Kühn: „Die kommunale Ebene ist dafür besonders geeignet, weil Jugendliche hier unmittelbar die Auswirkungen ihres Engagements erfahren. Ob der Bau eines Sportplatzes, das Schließen eines Jugendhauses oder Zuschüsse für den Nachtbus – sie sind stark von Entscheidungen in ihrer Gemeinde betroffen.“
Ziel ist es laut Chris Kühn aber auch, junge Menschen frühzeitig für Politik ganz allgemein zu interessieren und ihre politische Urteilsfähigkeit zu stärken. Daher setzten sich die Grünen auch für ein Absenken des Wahlalters auf Landes- und Bundesebene ein. Wenn Jugendliche früher mitentscheiden dürfen, seien politische Verantwortungsträger zudem gezwungen, sich stärker an den Interessen von jungen Menschen zu orientieren, betont Grünen-Landeschef Chris Kühn.