„Nach fünf Jahren grün-geführter Landesregierung ist Baden-Württemberg in hervorragender Verfassung“, erklären die Grünen-Landesvorsitzenden Thekla Walker und Oliver Hildenbrand im Vorfeld der Landesdelegiertenkonferenz in Reutlingen. Im Mittelpunkt des Parteitags am Samstag und Sonntag, 12. und 13. Dezember, stehen Debatte und Verabschiedung des Grünen-Wahlprogrammes für die Landtagswahl 2016.
Walker und Hildenbrand: „Ein ökologisches und soziales Baden-Württemberg ist ein ehrgeiziges und langfristiges Ziel. Wir haben uns nach der Landtagswahl 2011 entschlossen auf den Weg gemacht und sind viele wichtige Schritte gegangen – etwa in der Bildung, der Wissenschaft oder im Umwelt- und Naturschutz. Wir haben vieles auf den Weg gebracht, aber wir sind noch lange nicht fertig. Unser Wahlprogramm beschreibt die Wege, die wir eingeschlagen haben – und benennt die zentralen Aufgaben, die jetzt anstehen. Wir wollen weiter hart arbeiten für eine innovative Wirtschaft, eine gesunde Natur, für starke Familien und eine offene Bürgergesellschaft.“
Innovative Wirtschaft
Baden-Württemberg ist Innovationsregion Nummer Eins in Europa. „Damit unsere Unternehmen weiterhin erfolgreich arbeiten können, fördern wir die Märkte der Zukunft, insbesondere die immer mehr nachgefragten grünen Technologien.“ Die Energiewende werde konsequent vorangetrieben, ebenso der Ausstieg aus der Atomenergie.
Klares Ziel der Grünen ist es laut Walker und Hildenbrand, den Ressourcenverbrauch langfristig vom Wirtschaftswachstum zu entkoppeln. „Gemeinsam mit Unternehmen und Wissenschaft treiben wir eine ambitionierte Ressourceneffizienzstrategie voran.“ Ressourcenschonung und Recyclingfähigkeit werden demnach bei der Entwicklung neuer Produkte, Produktionsverfahren und Dienstleistungen von Anfang an mitgedacht. Grüne Digitalisierungspolitik soll Unternehmen und Handwerk auf dem Weg zur Wirtschaft 4.0 unterstützen. „Wir wollen Baden-Württemberg zum Musterland der Digitalisierung machen.“ Die Gründeroffensive werde weiter ausgebaut.
Im Wahlprogramm gesetzt ist auch eine Mobilitätsgarantie für Baden-Württemberg. Alle Orte im Land sollen an Wochentagen von 5 Uhr bis Mitternacht mindestens stündlich angebunden sein – ob mit S-Bahn, Zug, Bus oder flexiblen Angeboten wie etwa Ruftaxi. Hierfür werden die Grünen Rahmenbedingungen schaffen und Anreize setzen.
Starke Familien
Klaren Kurs halten die Grünen in der Bildungspolitik. „Unser Ziel ist und bleibt ein leistungsfähiges und gerechtes Bildungssystem, in dem jedes Kind mit seinen individuellen Talenten und Fähigkeiten bestmöglich gefördert wird.“ Nach dem erfolgreichen Ausbau der Kita-Plätze werde man an der Qualität der Betreuung weiterarbeiten, inklusive Angebote vorantreiben und das erfolgreiche Sprachförderprogramm SPATZ ausbauen. Kindertagesstätten können sich zu Familienzentren weiterentwickeln, die neben den Kindern auch den Eltern Unterstützung und Förderung anbieten. Gemeinschafts- und Ganztagsschulen werden ausgebaut – „sie leisten einen wichtigen Beitrag zu Chancen- und Bildungsgerechtigkeit und sind wichtig für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf“.
Schon in den vergangenen Jahren gelang es, den Ausfall von Unterrichtsstunden deutlich zu reduzieren – „wir wollen die Unterrichtsversorgung zu 100 Prozent sicherstellen“. Das anspruchsvolle, in der Regel achtjährige Gymnasium soll mit Eltern und Lehrern gestärkt werden.
Gesunde Natur
„Wir schützen und bewahren unsere schönen Landschaften“, betonen die Grünen-Landesvorsitzenden. Dazu gehören unter anderem das Eindämmen des Flächenverbrauchs und der Kampf gegen die Verunreinigung des Wassers. Fracking wird es mit den Grünen nicht geben. Die Grünen verstehen sich als starke Stimme für die Interessen der Verbraucherinnen und Verbraucher. „90 Prozent der Menschen im Land wollen keine Gentechnik auf dem Acker und auf dem Teller. Während die CDU die Tür für Gentechnik öffnet, werden wir konsequent alle landespolitischen Spielräume nutzen, um Baden-Württemberg gentechnikfrei zu halten“, sagen Walker und Hildenbrand.
Dank des Verhandlungserfolgs der grün-geführten Landesregierung steht den Landwirtinnen und Landwirten in Baden-Württemberg deutlich mehr Fördergeld zur Verfügung. „Die gesellschaftlichen Leistungen unserer landwirtschaftlichen Betriebe für Klima-, Natur- und Umweltschutz, Landschaftspflege und Tierwohl werden vom Markt nicht angemessen honoriert. Hier wollen wir Grünen gezielt weiter fördern.“
Offene Bürgergesellschaft
Die Grünen setzen weiter auf die Politik des Gehörtwerdens, auf transparente Politik, Bürgerbeteiligung und eine engagierte Bürgerschaft. „Deshalb wollen wir die Einführung eines öffentlich einsehbaren Lobbyregisters, in das sich alle eintragen müssen, die als Interessenvertretung von Landtag und Landesregierung gehört werden wollen.“ Die Grünen halten fest an der Einführung einer anonymisierten individuellen Kennzeichnung von Polizistinnen und Polizisten bei Großlagen, um so eine Vertrauensbasis herzustellen.
„Ein besonderes Anliegen in der kommenden Legislatur ist für uns eine Änderung des Landtagswahlrechts“, sagen Walker und Hildenbrand. Denn nur ein modernes Zwei-Stimmenwahlrecht mit Landesliste könne für mehr Frauen im Landtag sorgen, aber auch für mehr jüngere Menschen, Menschen mit Migrationshintergrund oder Behinderung.
Zentrale Herausforderung wird laut Walker und Hildenbrand eine weiterhin gute Versorgung von Flüchtlingen sein, vor allem aber die Integration von Flüchtlingen. „Flüchtlinge sollen schnell Deutsch lernen und fit für den Arbeitsmarkt werden.“ Die Grünen setzen daher Schwerpunkte bei Praktika, Ausbildung, Nachqualifizierungen, frühkindlicher Bildung und Schulbesuch.