„Das Fundament für Bildungsgerechtigkeit wird an den Grundschulen gelegt. Der politische Fokus muss deshalb auf die Stärkung von Grundschulen gerichtet sein. Eine zentrale Maßnahme ist, das Grundschullehramt attraktiver zu machen, etwa durch bessere Bezahlung.“ (Pascal Haggenmüller)
Der Landesvorstand von Bündnis 90/Die Grünen Baden-Württemberg hat ein Papier zur Stärkung von Grundschulen beschlossen. Darin werden drei zentrale Maßnahmen zur Stärkung der Grundschulen aufgeführt:
- Systematische Sprachstandserhebungen und darauf aufbauende verbindliche und kostenlose Sprachförderung.
- Eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen von Grundschullehrer*innen durch die stufenweise Anhebung der Besoldung auf A13 und die Entlastung der Lehrkräfte durch den verstärkten Einsatz von multi-professionellen Teams.
- Eine Stärkung von Schulstandorten durch die regionale Bündelung von Verwaltungsaufgaben kleinerer Grundschulen unter einer Schulleitung.
Beschluss des Landesvorstandes am 12. Mai 2023
Bildungsgerechtigkeit durch starke Grundschulen
Starke Kitas und Grundschulen sind die Grundpfeiler für erfolgreiche Bildungsbiographien. Dabei ist die Grundschule die vielfältigste aller Schulformen. Hier lernen Kinder unterschiedlicher Herkunft und mit unterschiedlichen sozio-ökonomischen Startbedingungen gemeinsam in einem Klassenverband und es wird das Fundament für die weiteren Bildungskarrieren gelegt. Hier entscheidet sich maßgeblich, ob Bildungsgerechtigkeit gelingt. Dabei steht das Erlangen der Basiskompetenzen im Fokus unserer Aufmerksamkeit. Der neueste IQB-Bildungstrend ist dabei alarmierend. Rund 40 Prozent der Schüler*innen erreichen den Regelstandard im Lesen, Rechnen und Schreiben nicht, 20 Prozent erreichen nicht einmal den Mindeststandard. Damit kein Kind zurückgelassen wird, wollen wir den Fokus besonders auf die Kinder richten, die in unserem Bildungssystem bislang nicht ausreichend unterstützt werden. Dafür wollen wir vom Prinzip Equality, bei dem das Bildungssystem für alle Kinder ein einheitliches Angebot vorsieht, hin zum Prinzip Equity, also bedarfsgerechten Förderangeboten, mit denen wir den unterschiedlichen Startbedingungen der Kinder gerecht werden. Dieser Paradigmenwechsel wird einen entscheidenden Beitrag für mehr Bildungsgerechtigkeit in Baden-Württemberg leisten. Hierfür sind starke Grundschulen zentral. Unser politischer Fokus muss deshalb auf der Stärkung der Grundschule liegen.
Auf die Sprache kommt es an: Sprachbildung systematisch ausbauen
Sprache ist der Schlüssel zu gesellschaftlicher Teilhabe und Voraussetzung für erfolgreiche Bildungskarrieren. Immer mehr Kinder in Baden-Württemberg sprechen Deutsch nicht als Familiensprache. Wir wollen deshalb Deutsch als Zweitsprache verpflichtend in der Ausbildung aller Lehrkräfte verankern. Um allen Kindern unabhängig von ihrer Herkunft gute Bildungschancen zu ermöglichen, wollen wir die systematische Sprachbildung in der Kita und der Grundschule stärken. Dafür soll im Alter von 4 Jahren eine verpflichtende Sprachstandserhebung für alle Kinder eingeführt werden. Nach dem Leitprinzip „Keine Diagnostik ohne Förderung“ erhalten die Kinder, die ein Mindestsprachniveau nicht erreichen, eine intensive Sprachförderung in einem verpflichtenden und kostenlosen Vorschuljahr. Auch im Grundschulbereich werden wir zusätzliche Sprachstandserhebungen einführen und bedarfsorientiert verpflichtende und kostenlose Sprachförderung anbieten – beispielsweise durch zwei in der Schule angesiedelte Nachhilfestunden in der Woche. Zudem werden wir Kindern aus Vorbereitungsklassen die Teilnahme am Ganztagsunterricht ermöglichen.
Faire Bezahlung für einen anspruchsvollen Job – A13 für Grundschullehrer*innen
Unsere Grundschullehrer*innen leisten großartige Arbeit und besitzen das pädagogische Rüstzeug, um der zunehmenden Heterogenität in unseren Grundschulklassen zu begegnen. Wir wollen die Attraktivität des Lehrberufs stärken. Wir möchten deshalb die Besoldung der Grundschullehrer*innen stufenweise auf A13 anheben. Wir müssen die Grundschullehrer*innen zudem durch den verstärkten Einsatz von multiprofessionellen Teams wie Logopäd*innen oder Sozialpädagog*innen entlasten. Darüber hinaus sehen wir die Notwendigkeit die Entlastungsstunden für Grundschullehrkräfte, die sich um den Übergang zwischen Kita und Grundschule kümmern, zu erhöhen, da die Begutachtung der Kinder sowie die dazugehörige Beratung enorm zeitintensiv ist. Eine Lehrkraft benötigt dafür eine Entlastungsstunde pro betreuter Kita.
Starke Schulstandorte im ganzen Land
Wir wollen unsere Kräfte und Ressourcen bündeln und starke und zukunftsfähige Grundschulstandorte im ganzen Land schaffen. Von den 4.500 Schulen im Land sind 2.400 Grundschulen. Etwa 100 Grundschulen haben weniger als 40 Schüler*innen. Zum Ende des letzten Schuljahres waren 190 Schulleitungsstellen an Grundschulen unbesetzt. Einige Grundschulen sind so klein, dass sie aufgrund ihrer Größe Schwierigkeiten bei der Umsetzung der gewachsenen Aufgaben haben. Gleichzeitig besitzen Schulen aber auch eine identitätsstiftende Kraft für die Gemeinde. Kleine Grundschulen, an denen weniger als 40 Schüler*innen unterrichtet werden, wollen wir regional unter einer gemeinsamen Schulleitung zusammenführen. So können beispielsweise Verwaltungsaufgaben effizient zusammengefasst werden und es bleibt mehr Zeit für die pädagogische Arbeit. Die Arbeit der Schulleitungen ist entscheidend für die Qualität der Schule. Deshalb wollen wir die Schulleitungen durch eine Erhöhung der Leitungszeit unterstützen.