Wir sind hochzufrieden mit den Ergebnissen der Kommunalwahlen 2014: Die Grünen und grünnahen Listen in Baden-Württemberg haben über 1.660 Mandate in den Gemeinderäten und Kreistagen erhalten; bisher waren es knapp 1.400.
Damit haben wir insgesamt 19,1 % an Sitzen hinzugewonnen und das von uns gesetzte Ziel von zusätzlichen 100 Mandaten weit übertroffen. Sowohl CDU, SPD, FDP als auch die Freien Wähler haben Stimmenanteile und Sitze eingebüßt.
Baden-Württemberger Besonderheiten
Es hat in Baden-Württemberg Tradition, dass viele uns nahe stehende Listen nicht als Parteilisten von Bündnis 90/Die Grünen antreten, sondern als Wählervereinigungen – meistens mit dem Wort grün, alternativ oder Umwelt im Namen. Aktuell sind dies 43 % aller grünen und alternativen Listen.
Allein auf die Parteilisten bezogen errechnet das statistische Landesamt einen Stimmenanteil von 9 % (+ 1,6 %) für die Grünen. Da die grünnahen Listen 2009 auf 3 % der Stimmen kamen und auch hier Zuwächse zu verzeichnen sind, werden wir mit Sicherheit am Ende der Auswertung über 12 % des landesweiten Stimmenanteils haben.
Das spiegelt allerdings unsere kommunale Stärke nicht angemessen wider. Denn in diesem landesweiten Ergebnis werden nur die 360 von 1.101 Kommunen abgebildet, in denen grüne und alternative Listen antreten.
Oder anders gesagt: Dort, wo es uns gibt, sind wir häufig auch sehr stark. Allein in 30 Orten liegen wir über 25 % der Stimmen; in neun Städten und Gemeinden sind wir die stärkste Kraft und bilden die größten Fraktionen im Rat.
Immer weniger, aber immer noch viele weiße Flecken
Auf dem Weg zu mehr Orten mit Grünen im Rat sind wir bei diesen Kommunalwahlen einen großen Schritt weiter gekommen. Grün wächst weiter in die Fläche: Von den 44 neu gegründeten Grünen und grünnahen Listen haben sich alle durchgesetzt und zusammen rund 90 der zusätzlichen Mandate errungen. Unter den Neuen holte zum Beispiel Salem am Bodensee aus dem Stand mehr als 23 %, knapp 20 % holten sich die Grünen in Altlußheim (Rhein-Neckar) und die Liste Mensch und Umwelt in Niefern-Öschelbronn (Enzkreis), stark auch Herbolzheim (Landkreis Emmendingen) und Malsch (Rhein-Neckar) mit mehr als 17 %.
Es gibt trotz dieses Schubs an neuen Listen noch viele Orte, an denen wir beträchtliche Stimmenanteile bei Bundestags-, Landtags- und Europawahlen haben, wo sich aber bisher keine Gruppe zusammenfindet, um eine Gemeinderatsliste zu gründen oder zu wenig Menschen bereit sind, auf einer grünen Liste zu kandidieren. Sehr interessant ist der Blick auf die Landkarte aller Orte, in denen wir im Rat vertreten sind: Er zeigt deutlich, dass die Dichte dieser Orte mit dem Abstand zu größeren Städten erkennbar abnimmt (siehe www.hier-gestalten.de).
In den 35 Kreistagen konnten die Grünen und Alternativen ihre Position um 47 Sitze auf jetzt 291 stark verbessern. Die Zahl unserer direkt gewählten Kreistagsmitglieder ist im Verhältnis zu den Ausgleichssitzen deutlich gestiegen. Auch dies ein Beleg dafür, dass wir nicht nur in den Hochburgen, sondern in der Fläche gewachsen sind.
Bemerkenswerte Spitzenergebnisse
Absoluter Spitzenreiter ist und bleibt die kleine Gemeinde Merzhausen mit sage und schreibe 48,48 % der Stimmen – die CDU erzielte nur 28,88 %. Schon 2009 toppte die kleine Gemeinde nahe Freiburg alle anderen, damals mit 34,1 %. Diesmal errangen sie die Hälfte aller Ratssitze. Mit Bad Boll und Tiefenbronn sind zwei Gemeinden nah dran an der 40-Prozent-Marke. Schriesheim (Rhein-Neckar-Kreis) ist mit 30,8 % die grünste Stadt im Land.
Die Universitätsstädte sind von jeher unsere Hochburgen: Kräftig legten die Grünen in Heidelberg zu – sie holten sich wie die CDU zehn Ratssitze. In Tübingen rutschten die Liste AL/Grüne zwar wieder knapp unter die 30-Prozent-Marke, dennoch bleibt die Stadt am Neckar mit 29,8 % die grünste Universitätsstadt Baden-Württembergs – gefolgt von den Grünen-Hochburgen Freiburg (24,3 %), Stuttgart (24,0 %) und Konstanz (23,6 %). Grünster Landkreis ist und bleibt mit 21,8 % der Landkreis Tübingen.
Im ländlichen Raum dazu gewonnen
Sehr gute Ergebnisse erzielten die Grünen aber auch im ländlichen Raum: In Markdorf am Bodensee zum Beispiel wurden die Grünen mit 29,2 % fast stärkste Kraft. Im traditionell „schwarzen“ Landkreis Biberach kam die Grüne Liste in Laupheim auf 22,6 %. In Gengenbach in der Ortenau erzielte die Grüne Liste 26,7 %. Im Landkreis Sigmaringen konnten sich die Grünen im Kreistag um vier Prozent verbessern und zwei Sitze hinzugewinnen (alle Einzelergebnisse siehe unter www.gar-bw.de/aktuell/kommunalwahlen-2014).
Hier gestalten
Mit diesem Slogan auf einem grünen Pin haben bei dieser Kommunalwahl viele Listen ihre Flyer und Plakate gestaltet. Mit einer Agentur aus Baden-Württemberg hat der grüne Landesverband eine Werbelinie entwickelt, die im Land großen Anklang gefunden hat. Die angebotenen Themenplakate konnten entweder übernommen oder mit örtlichen Motiven umgestaltet werden. Ein großer grüner Pin aus Pappe mit der Aufschrift HIER GESTALTEN war Blickfang bei vielen Veranstaltungen und auf der Homepage des Landesverbandes.
Es wird sich nie klären lassen, ob landesweit angebotene Themenplakate und Give-Aways die Kommunalwahlen beeinflussen. Denn es sind in hohem Maße Persönlichkeitswahlen, zudem geben örtliche Besonderheiten den Ausschlag. Dessen ungeachtet haben Landesverband und GAR es als ihre Aufgabe angesehen, die örtlichen Listen mit einem flexibel nutzbaren Angebot an guten Werbematerialien zu unterstützen. Die breite Resonanz hat uns Recht gegeben, ca. 7.000 Plakate wurden ins Land verschickt. Die angebotenen Grafikelemente wurden zudem auch für Plakate mit örtlichen Motiven genutzt.
Grüne Frauen sind die Gewinnerinnen dieser Wahl
Auch nach diesen Kommunalwahlen ist der Frauenanteil bei den Grünen und grünnahen Listen mit weitem Abstand der höchste. Er stieg in den Gemeinderäten bezogen auf die Parteilisten von 43,8 % in 2009 auf 44,8 % in 2014. Mit weitem Abstand folgen SPD mit 33,3 % und CDU mit 18,9 % Frauen in den Räten.
Insgesamt sind aber immer noch nur magere 24,1 % (+ 1,9 %) aller Ratsmitglieder Frauen. In den Kreistagen haben Grüne mit 43,3 % nicht nur den höchsten prozentualen Frauenanteil, sondern stellen auch in absoluten Zahlen die größte Frauengruppe innerhalb aller Kreistage im Land. Der durchschnittliche Frauenanteil liegt bei 18,9 %. Die CDU bringt es hier gerade einmal auf 12 %. Im Ostalbkreis, einem besonders unrühmlichen Beispiel für mangelnde Frauenpartizipation im Land, stellen die Grünen zwei von insgesamt drei Frauen im Kreistag.
Trotz neuer Sollregelung im Wahlrecht, die Listen paritätisch zu besetzen, kommt Baden-Württemberg in dieser zentralen Frage der Geschlechterparität nicht wirklich vom Fleck. Wir sind gespannt auf die Auswertung des statistischen Landesamtes, das in einigen Wochen darstellen wird, wie hoch der Frauenanteil bei den eingereichten Wahlvorschlägen war und ob die Sollregelung im Vergleich zu früheren Jahren eine merkliche Veränderung bewirkt hat.