Eigentlich sind die Riesenfrachter nicht zu übersehen: Dennoch steht die Seeschifffahrt, die weltweit über 80 Prozent aller Fracht transportiert, selten im Vordergrund, wenn es um Verkehr und Umweltschutz geht.
Von Eva Muszar für Grüne Blätter 2/2017: Mobilität
Sofern dein neues Smartphone nicht in Europa hergestellt wurde, kommt es wahrscheinlich mit dem Schiff hierher. Weltweit gesehen ist das Schiff das wichtigste Gütertransportmittel, neun Milliarden Tonnen werden jedes Jahr verschifft. Ein gängiger Ozeanfrachter kann so viel laden wie 500 Flugzeuge und stößt nur drei bis acht Gramm CO2 pro Tonne und Kilometer aus. Damit hat die Schifffahrt deutlich die Nase vorn vor Flugzeug (435 Gramm) und LKW (80 Gramm). Weniger gut: Die riesigen Motoren laufen mit Schweröl und stoßen deutlich mehr Stick- und Schwefeloxide sowie krebserregende Rußpartikel aus als andere Verkehrsmittel. Auf Kreuzfahrtschiffen wurden schon Feinstaubwerte dreimal schlimmer als an Großstadtkreuzungen gemessen. Für Passagiere und vor allem für Crews und Einwohner*innen von Hafenstädten bergen die Schadstoffe hohe Gesundheitsrisiken.
Die Politik dreht bei
Die Umstellung auf weniger schädliche Antriebe läuft bisher schleppend. Für Schadstoffnormen ist die Internationale Maritime Organisation (IMO) zuständig – doch in der UN-Sonderorganisation haben die wichtigsten Flaggenländer ein starkes Gewicht. Sie konnten sich auf Grenzwerte oder Filterpflicht bisher nicht einigen.
Laut OECD wird sich der weltweite Frachtverkehr bis 2050 vervierfachen. Die Emissionen des Schiffsverkehrs werden nach Prognosen der IMO um 50 bis 250 Prozent steigen. Nicht nur zum Klimawandel, sondern auch zum Meeressterben durch Versauerung trägt das CO2 der Schiffe bei. Trotzdem geht es politisch nur langsam voran. So wurde der Seeverkehr aus dem Pariser Klimaabkommen ausgenommen. Die EU setzt ihr Emissionsreduktionsziel bisher nur halbherzig um: Ab 2018 müssen die CO2-Werte größerer Schiffe lediglich kontrolliert und berichtet werden.
Innovationen hinterm Horizont?
Das Öko-Institut prognostiziert, dass eine direkte Stromnutzung in der Frachtschifffahrt mittelfristig nicht umzusetzen ist. Realistischer scheint es, auf Flüssiggas oder Power-to-Gas umzusteigen. Am wirksamsten für den Klimaschutz stufen die Wissenschaftler*innen jedoch einen strikten Emissionshandel ein. Aber für kürzere Strecken hat auch die Elektromobilität Potenzial: Seit 2015 fährt in Norwegen die bisher größte rein elektrische Fähre. Wenn es ums Ganze geht, bleibt die große Aufgabe die ökologische Transformation der Wirtschaft. Dezentral Wirtschaften, Kreislaufwirtschaft und Suffizienz fördern. Kurz: Transportwege und Warenströme verringern. Oder Segeln. Garantiert klimaneutral.
Ein Beitrag aus unserer Mitgliederzeitschrift zum Thema Mobilität: Grüne Blätter 2/2017: Wir wollen mehr erreichen