Zu den Äußerungen von Bahnchef Rüdiger Grube, wonach Verzögerungen beim Bau von Stuttgart 21 auf Schlichtung und Protest zurückzuführen seien, erklärt die Landesvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen, Thekla Walker:
„Offensichtlich sucht man bei der Bahn fieberhaft nach einem Sündenbock, dem man die eigenen massiven Probleme bei S21 in die Schuhe schieben kann. Nicht die Schlichtung, nicht die Demonstrationen an der Baustelle sind schuld daran, dass es mit der Fertigstellung von S21 im Jahr 2019 nichts wird. Einzig und allein die grundlegenden Probleme und Widersprüche des Projektes und die Fehlplanung und das Missmanagement der Deutschen Bahn AG sind schuld daran, dass Stuttgart 21 sich voraussichtlich um Jahre verzögern wird.
So hat es die Bahn auch nach weit mehr als einem Jahr nicht fertig gebracht, die natur- und artenschutzrechtlichen Auflagen korrekt zu erfüllen. Auch die kürzlich erfolgte überstürzte Aufhebung des Fällverbots durch das EBA muss erst noch einer gerichtlichen Überprüfung durch den VGH standhalten. Ob das gelingt, darf mit Blick auf die von der Bahn geplanten Maßnahmen bezweifelt werden.
„Stuttgart 21 ist nicht das bestgeplante Projekt Deutschlands und die Probleme des Projektes sind weiter größer als von den Verantwortlichen zugegeben.“
Und was hat sich eigentlich seit dem Abriss des Bahnhofsnordflügels getan? Die Bahn ist hier aus eigenem Verschulden kein Stück vorangekommen. Zuletzt ist nun auch noch das schon beauftragte Unternehmen aus dem Vertrag zum Bau des Technikgebäudes ausgestiegen. Beim Grundwassermanagement sind die nächsten erheblichen Verzögerungen in Sichtweite, hier lässt die Bahn mit dem angekündigten Antrag zur Änderung der bereits geänderten Grundwassermenge auf sich warten. Auch bei einer der heikelsten und dringlichsten Maßnahmen, dem Bau des Nesenbachdükers, ist seit dem Scheitern der Vergabe kein Vorankommen in Sicht. Dabei ist ohne Düker an den Bau des Tiefbahnhoftrogs nicht zu denken. Die Liste ließe sich fortsetzen.
Mit einem klaren Ergebnis, das die Kritik der S21-Gegnerinnen und -Gegner in ihren Befürchtungen bestätigt: Stuttgart 21 ist nicht das bestgeplante Projekt Deutschlands und die Probleme des Projektes sind weiter größer als von den Verantwortlichen zugegeben. Wer soll da noch der Bahn Glauben schenken, dass sie die noch ausstehenden Planfeststellungs- und Planänderungsverfahren in den Griff bekommt und der Kostenrahmen nicht gesprengt wird? Verständlich mag deshalb sein, dass die Nervosität bei Rüdiger Grube steigt. Unverzeihlich ist aber, dass er offenkundig nichts Besseres zu tun hat, als Protest und Schlichtung zu diskreditieren, um von den eigenen Versäumnissen beim Projektmanagement abzulenken. Die Bahn täte gut daran, ihren früheren Zusagen entsprechend zuerst alle planerischen Hausaufgaben zu machen und alle offenen Fragen und Probleme transparent zu lösen, ehe weitere Fakten geschaffen werden.“