Die baden-württembergischen Grünen haben die Wahl von Stefan Mappus zum Ministerpräsidenten mit einer Aktion vor dem Stuttgarter Landtag begleitet. Sie kritisieren die „politische Rückwärtsgewandtheit" des neuen Regierungschefs. „Mappus verkörpert keinen politischen Aufbruch, sondern eine Politik von gestern, die auf die zentralen Herausforderungen unserer Zeit keine zukunftsfähigen Antworten liefert. Mit ihm legt das Land den Rückwärtsgang ein", erklärte die Grünen-Landesvorsitzende Silke Krebs. Zur Illustration trugen grüne Aktivisten Masken mit Mappus-Konterfei und machten mit Plakaten deutlich, wofür der neue Ministerpräsident aus ihrer Sicht in Wahrheit steht: Für längere AKW-Laufzeiten, für eine ungerechte Bildungspolitik, für eine ökonomisch und ökologisch rückständige Wirtschaftspolitik und ein überholtes Gesellschafts- und Familienmodell.
Energiepolitik: „Strahlende Zukunft“
In der Energiepolitik erwarten die Grünen, dass Mappus den atom- und kohlefixierten Kurs der Vorgängerregierung fortsetzt: „Eine strahlende Zukunft bekommen wir mit Mappus nur insofern, als er sich für längere Laufzeiten der Atomkraftwerke stark macht. Klimapolitisch wird das Land dagegen weiter in die Röhre schauen“, kritisierte Kühn. Baden-Württemberg brauche dringend eine Energiewende weg von Atom und Kohle hin zu mehr Erneuerbaren Energien, mehr Energieeffizienz und mehr Energieeinsparung.
Fehlende Bildungsgerechtigkeit
Auch bildungspolitisch rechnen die Grünen nicht mit einem Kurswechsel: „Mappus wird die alte Misere in der Bildungspolitik fortsetzen. Er ist ein Verfechter des ungerechten dreigliedrigen Schulsystems, das Talente vergeudet, indem es Zehnjährige in eine Schublade steckt, aus der sie später kaum noch herauskommen“, so Kühn. Der Grünen-Landesvorsitzende forderte mehr Bildungsgerechtigkeit in Baden-Württemberg. Die Kinder müssten besser individuell gefördert werden und länger gemeinsam lernen. Mappus solle außerdem dem Vorbild anderer Bundesländer folgen und die Studiengebühren wieder abschaffen und die Bachelor- und Master-Studiengänge im Dialog mit den Studierenden grundlegend reformieren.
Ökologische Modernisierung: dringend notwendig
Silke Krebs kritisierte, dass Mappus wirtschaftspolitisch bislang die Zeichen der Zeit nicht erkannt hätte: „Wir brauchen eine klare Ausrichtung der Wirtschaftspolitik des Landes auf eine ökologische Modernisierung. Baden-Württemberg wird nur dann weiter stark sein, wenn es den Zukunftsmarkt Umwelt- und Klimaschutztechnologien erobert. Mappus und die CDU lassen in diesem Punkt jedes Engagement und jede Dynamik vermissen. Wo ist etwa Mappus‘ Einsatz gegen die unverhältnismäßigen und gerade für Baden-Württemberg desaströsen Kürzungen bei der Solarstromvergütung?“ Auch die heimische Autoindustrie müsse dabei unterstützt werden, ihr Profil massiv zu überarbeiten. „Klein und effizient“ sei das Kennzeichen des Autos der Zukunft, Elektromobilität sei die Zukunftstechnologie. Baden-Württemberg müsse zur Modellregion für vernetzte Mobilität werden. „In der Verknüpfung von Mobilitätsdienstleistungen liegt die Zukunftschance auch für die Bahn und nicht in unterirdischen Bahnhöfen“, so Krebs weiter.
Überholtes Gesellschafts- und Familienbild
Besonders rückständig ist aus grüner Sicht das Gesellschafts- und Familienmodell des neuen Ministerpräsidenten. „Mappus hängt einem überkommenen Familienbild nach, betont die vermeintlich begrenzte Integrationsfähigkeit des Landes und fiel in der Vergangenheit immer wieder durch homophobe Äußerungen auf. Er spaltet die Gesellschaft anstatt sie zusammenzuführen“, so Krebs. Baden-Württembergs Zukunft liege aber in der Vielfalt. Krebs: „Nur ein tolerantes und weltoffenes Baden-Württemberg kann auch weiterhin ein erfolgreiches und lebenswertes Baden-Württemberg sein.“