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Straftaten im Land wurden der Hasskriminalität zugerechnetIn Baden-Württemberg ist im vergangenen Jahr die Zahl der Fälle von Hasskriminalität um 19 Prozent gestiegen – das geht aus der Antwort von Innenminister Thomas Strobl auf eine Anfrage unseres Landesvorsitzenden Oliver Hildenbrand hervor. Besonders die Zahlen im Bereich von Rechtsextremismus und Antisemitismus sind erschreckend. Der erneute Anstieg von Hasskriminalität in Baden-Württemberg ist gefährlich für unsere freie, offene und vielfältige Gesellschaft. Unser Landesvorsitzender Oliver Hildenbrand schlägt einen Aktionsplan gegen Hasskriminalität in Baden-Württemberg vor: Mit Herz und Haltung gegen Hass und Hetze.
„Im Jahr 2019 wurden in Baden-Württemberg insgesamt 777 politisch motivierte Straftaten im Bereich der Hasskriminalität registriert. Das ist nur die Spitze des Eisberges, denn die Dunkelziffer ist extrem hoch“, warnt Oliver Hildenbrand, „Diese Straftaten – ob sie rassistisch, antisemitisch oder queerfeindlich motiviert sind – haben eine gefährliche Gemeinsamkeit: Sie richten sich nicht auf ein bestimmtes Verhalten der Opfer, sondern auf ihre gesamte Existenz und Identität. Sie richten sich nicht nur gegen Menschen als Individuen, sondern sie zielen gleichzeitig darauf ab, ganze Bevölkerungsgruppen einzuschüchtern. Die Zahlen zeigen eindeutig: Hass und Hetze kommen ganz überwiegend von rechts – das muss uns wenige Monate nach den rechtsterroristischen Anschlägen von Halle und Hanau besonders alarmieren.“
Unser Landesvorsitzender fordert: „Eine freie und sichere Gesellschaft muss allen Menschen garantieren, ohne Angst verschieden sein zu können. Wo schamlos geschimpft und hemmungslos gehasst wird, müssen wir couragiert widersprechen und uns mit den Betroffenen solidarisieren. Wenn eine Flüchtlingsunterkunft mit Hakenkreuzen beschmiert wird, dann ist das nicht nur ein Problem für die Geflüchteten. Wenn ein Jude mit Kippa bespuckt wird, dann ist das nicht nur ein Problem für die jüdische Gemeinde. Wenn ein lesbisches Paar beschimpft wird, dann ist das nicht nur ein Problem für die queere Community. Das sind Angriffe auf alles, was unsere offene Gesellschaft und unsere Demokratie ausmacht. Deshalb sind wir alle gefordert dagegen aufzustehen. Wir müssen konsequent gegen Hasskriminalität vorgehen – online und offline. Dafür brauchen wir eine effektive Strafverfolgung und eine engagierte Präventionsstrategie.“
„Wir Grüne schlagen einen Aktionsplan gegen Hasskriminalität vor: Mit Herz und Haltung gegen Hass und Hetze.“
Unser Aktionsplan gegen Hasskriminalität
- Menschen, die von Hass betroffen sind, müssen schnelle Hilfe und kompetente Beratung finden können. Mit der Meldestelle für Hetze im Netz und der Beratung für Betroffene von rechter Gewalt gibt es in Baden-Württemberg wichtige Anlaufstellen, die wertvolle Unterstützung bieten. Wir Grüne wollen diese Strukturen stärken, ihre Arbeit verlässlich fördern und ihre Angebote bedarfsgerecht weiterentwickeln.
- Wer Hasskriminalität bekämpfen will, muss Polizei und Justiz sensibilisieren – für das Erkennen von Hasskriminalität und für die Situation der Opfer. Wir Grüne setzen uns dafür ein, dass das Thema Hasskriminalität noch stärker in der Aus- und Fortbildung von Polizei und Justiz verankert wird und wollen im Hinblick auf den Opferschutz gewährleisten, dass die Perspektiven von Betroffenen und aus der Zivilgesellschaft stärker in die polizeiliche und justizielle Arbeit einbezogen werden.
- Die Dienststellen des polizeilichen Staatsschutzes müssen stärker auf die Bekämpfung von Hasskriminalität ausgerichtet werden. Wir Grüne wollen erreichen, dass landesweit in jeder Dienststelle des polizeilichen Staatsschutzes eine Kontaktperson für die Bekämpfung von Hasskriminalität benannt wird.
- Hasskriminalität erzeugt nicht nur individuelles Leid, sondern richtet auch gesellschaftlichen Schaden an. An die Staatsanwaltschaften sollte die Empfehlung ergehen, dass im Fall des Vorliegens von Hasskriminalität das besondere öffentliche Interesse an der Strafverfolgung regelmäßig zu bejahen ist und dass es kein geringes öffentliches Interesse an der Strafverfolgung geben kann.
- Hasskriminalität gefährdet den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Wir Grüne wollen, dass die Entwicklung der Hasskriminalität im Sicherheitsbericht des Landes Baden-Württemberg dargestellt wird, um die Öffentlichkeit für diese besondere Kriminalitätsform zu sensibilisieren.
- Mit einem Forschungsprojekt wollen wir die individuellen Folgen und die gesellschaftlichen Auswirkungen von Hasskriminalität in Baden-Württemberg untersuchen. Wir Grüne schlagen vor, dass die Landesantidiskriminierungsstelle mit der Koordination dieses Forschungsprojekts beauftragt wird und dabei eine enge Zusammenarbeit mit Betroffenen und der Zivilgesellschaft anstrebt.
- Unsere Schulen haben die Aufgabe, die Werte unseres demokratischen Miteinanders zu vermitteln und Wertschätzung im Umgang mit gesellschaftlicher Vielfalt zu fördern. Die Leitperspektive „Bildung für Toleranz und Akzeptanz von Vielfalt“ sowie die Leitperspektive „Medienbildung“ im Bildungsplan bieten wichtige Ansatzpunkte, um über Hasskriminalität sowie Hate Speech und andere Formen von digitaler Gewalt aufzuklären. Wir Grüne treten dafür ein, dass das Projekt #RespektBW und die Informationskampagne „Bitte Was?! Kontern gegen Fake und Hass“ über das Schuljahr 2019/20 hinaus fortgeführt werden.
Wichtige Anlaufstellen gegen Hass uns Hetze
LADS – Antidiskriminierungsstelle des Landes Baden-Württemberg
Die Antidiskriminierungsstelle des Landes Baden-Württemberg (LADS) ist die zentrale Anlaufstelle für den Schutz vor Diskriminierung in Baden-Württemberg. Sie berät und unterstützt Betroffene und informiert und sensibilisiert die Öffentlichkeit.
respect! – Die Meldestelle für Hetze im Netz
Das Internet ist kein rechtsfreier Raum. Die Meldestelle für Hetze im Netz prüft, ob Gesetze verletzt wurden und leitet daraufhin weitere Schritte ein. „respect!“ ist ein Angebot des Demokratiezentrums Baden-Württemberg, koordiniert durch die Jugendstiftung Baden-Württemberg. Das Demokratiezentrum wird aus Mitteln des Ministeriums für Soziales und Integration Baden-Württemberg und aus Mitteln des Bundesprogramms „Demokratie leben!“ unterstützt.
LEUCHTLINIE – Beratung für Betroffene von rechter Gewalt in Baden-Württemberg
Für alle, die von rechter Gewalt direkt betroffen sind oder Zeugin und Zeuge einer solchen Tat werden, gibt es in Baden-Württemberg die Anlaufstelle LEUCHTLINIE. Als Beratungsstelle des Demokratiezentrums Baden-Württemberg wird LEUCHTLINIE aus Mitteln des Ministeriums für Soziales und Integration Baden-Württemberg und aus Mitteln des Bundesprogramms „Demokratie leben!“ gefördert.
kNOw HATE CRIME!
Das Projekt „kNOw HATE CRIME!“ widmet sich der Prävention und der Förderung des zivilgesellschaftlichen Engagements und der bürgerschaftlichen Courage im Bereich der Hasskriminalität. Das Projekt wird von der Türkischen Gemeinde in Baden-Württemberg e.V. getragen und aus Mitteln des Fonds für die Innere Sicherheit der Europäischen Union gefördert.
Bitte was?! – Kontern gegen Fake und Hass
Mit dem Projekt #RespektBW und der Informationskampagne „Bitte Was?! Kontern gegen Fake und Hass“ setzt die Landesregierung ein klares Zeichen gegen Hass, Fake und Hetze in den sozialen Netzwerken. Das Landesmedienzentrum Baden-Württemberg führt die Kampagne für eine respektvolle Diskussionskultur in den Sozialen Medien im Auftrag des Staatsministeriums Baden-Württemberg durch.