Ohne jegliche Einbeziehung des Parlaments hat der Ministerpräsident des Landes Baden-Württemberg den Ankauf der EnBW-Anteile der EdF beschlossen und vollzogen.
Um die Zustimmung des Landtags zu umgehen, gab der Finanzminister eine Zustimmung im Rahmen des Notbewilligungsrechts, wie der Ministerpräsident bei der heutigen Pressekonferenz bestätigte. Der Minister beruft sich dabei auf das Notbewilligungsrecht nach Artikel 81 der Landesverfassung. Notbewilligungen sind dort jedoch nur „im Falle eines unvorhergesehenen und unabweisbaren Bedürfnisses“ zulässig.
„Dieser Artikel ist für außergewöhnliche Vorkommnisse, in denen sehr schnell finanziell eingegriffen werden muss, vorgesehen. Etwa bei Naturkatastrophen muss eine Landesregierung in der Lage sein, sofort und unbürokratisch zu handeln. Weiterhin gilt die Landeshaushaltsordnung, nachdem laut Paragraph 37 Absatz 4 ´dem Landtag Fälle von grundsätzlicher oder erheblicher Bedeutung unverzüglich vorzulegen´ sind. Nicht mal diese Mitteilung an den Landtag ist erfolgt“, betont der Fraktionsvorsitzende der Grünen Winfried Kretschmann. „Der Ankauf der EnBW-Aktien ist keine Sondersituation, die sich aufgrund externer Vorkommnisse ergab, sondern eine Lage, die der Ministerpräsident und das Kabinett selbst und aktiv herbeigeführt haben. Die rechtlichen Voraussetzungen für eine Notbewilligung sind hier überhaupt nicht erfüllt. Es gab schlicht und einfach gar keinen Grund, überhastet über den Ankauf zu entscheiden, denn der Konsortialvertrag bindet die Anteilseigner EdF und OEW noch bis Ende 2011“, kritisiert Kretschmann weiter.
„Unsere Vorbehalte sind grundsätzlicher Natur. Wenn man dann bedenkt, dass hier mal kurzerhand finanzielle Verpflichtungen von fast 6 Milliarden Euro eingegangen werden, etwa ein Sechstel des Landeshaushaltes, wird das Vorgehen umso skandalöser. Nun stehen wir vor der Situation, dass auf der Plenarsitzung am Mittwoch ein Nachtragshaushalt mit entsprechendem Volumen eingebracht wird. Dabei spielt es gar keine Rolle mehr, wie das Parlament darüber entscheidet. Auch wenn der Landtag ablehnt, gilt der Vertrag unwiderruflich und muss die EdF ausbezahlt werden. Das ganze Verfahren ist von Anfang bis zum Ende eine grobe Missachtung des Haushaltsrechts des Parlaments, die durch nichts zu rechtfertigen ist. “Wenn wir dies durchlassen, kann künftig die Regierung jede Entscheidung als ‚unabweisbar‘ einstufen und den Landtag umgehen“, so Kretschmann. „Das darf der Landtag nicht mit sich machen lassen.“