Bei ihrem Parteitag in Heidenheim am 9. und 10. Dezember im Heidenheimer Congress Centrum diskutieren die baden-württembergischen Grünen über die aktuelle politische Lage und den Leitantrag „Integration schafft Zusammenhalt“. Die rund 200 Delegierten wählen außerdem einen neuen Landesvorstand sowie weitere Gremien.
Die Grünen-Landesvorsitzenden Sandra Detzer und Oliver Hildenbrand bewerben sich um eine Wiederwahl, ebenso Landesschatzmeister Wolfgang Kaiser. Weitere Bewerbungen für den Geschäftsführenden Landesvorstand liegen bislang nicht vor. Ebenfalls neu gewählt wird der 17-köpfige Parteirat. Dieser bildet zusammen mit dem Geschäftsführenden Landesvorstand und Ministerpräsident Winfried Kretschmann das politische Führungsgremium der Südwest-Grünen.
In ihrem Leitantrag „Integration schafft Zusammenhalt“ greift die Grüne Landesspitze die Frage des gesellschaftlichen Zusammenhalts auf – ein Thema, das die Menschen wie kaum ein anderes bewegt. Das Grundsatzpapier legt grüne Positionen dar und formuliert künftige Kernanliegen. Leitgedanke ist es, dass Baden-Württemberg weltoffen und heimatverbunden bleibt.
„Bei uns hat Zuwanderung eine lange Tradition. Heute leben fast drei Millionen Menschen mit Migrationshintergrund in Baden-Württemberg. Das Miteinander von Menschen unterschiedlicher Herkunft ist gelebte Realität und hat unser Land wirtschaftlich stärker und kulturell reicher gemacht“
erklären die Grünen-Landeschefs Detzer und Hildenbrand. In den vergangenen Jahren kamen infolge der weltweiten Migrations- und Fluchtbewegungen viele weitere Menschen nach Deutschland und nach Baden-Württemberg, die meisten von ihnen, um hier Schutz vor Krieg, Gewalt und Verfolgung zu finden. „Gerade in einer Zeit, in der die Spaltung zwischen verschiedenen Bevölkerungsgruppen immer größer zu werden droht, ist eine gelingende Integration für den Zusammenhalt unserer Gesellschaft unerlässlich“, betonen Detzer und Hildenbrand. „Wir wollen, dass unser Land für alle, die bei uns bleiben, neue Heimat wird. Heimat wird nicht weniger, wenn man sie teilt.“ Für die Grünen steht fest: Integration ist eines der wichtigsten politischen Handlungsfelder der kommenden Jahre und bedeutet Chance und Herausforderung zugleich.
Grüne Integrationspolitik hat jedoch nicht nur einzelne Gruppen im Blick, sondern die gesamte Gesellschaft, sagen Sandra Detzer und Oliver Hildenbrand: „Integration ist kein Sonderformat für Menschen mit Migrationshintergrund, sondern eine Aufgabe im Interesse der gesamten Gesellschaft. Integration nützt allen, wenn sie gesellschaftliche Teilhabe für alle ermöglicht.“ Sie ziele auf die Verbesserung der rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Lebenslage aller Menschen. Zentrale Stellschrauben dafür sind laut Detzer und Hildenbrand ein inklusiver Arbeitsmarkt, ein inklusives Bildungssystem, verlässliche Strukturen der sozialen Sicherung, gleichwertige Lebensverhältnisse in Stadt und Land sowie gesellschaftliche Strukturen und öffentliche Einrichtungen, die für alle gleichermaßen zugänglich sind.
Auf den Anfang kommt es an – Sprache und Bildung
Für Integration, Teilhabe und Chancengerechtigkeit ist Bildung von elementarer Bedeutung: Der Zugang zu Sprach- und Integrationskursen für Geflüchtete und Zugewanderte müsse schneller und einfacher möglich sein, heißt es im Leitantrag. „Das übergeordnete Ziel unserer bildungspolitischen Reformen in Baden-Württemberg war und ist es, für alle Menschen in unserem Land den Bildungserfolg von der sozialen Herkunft zu entkoppeln“, betonen Detzer und Hildenbrand. Frühkindliche Bildung, individuelle Sprachförderung und Ganztages-Grundschulen sollen deshalb weiter gestärkt werden. „Das schafft mehr Bildungsgerechtigkeit für alle Kinder und dient gleichzeitig der Integration von Eingewanderten.“ In einer immer heterogeneren Gesellschaft müssten Kitas, Schulen und Hochschulen bestmöglich unterstützt werden: durch gute personelle Ausstattung und gut ausgebildetes Personal, das auf kontinuierliche Unterstützung- und Fortbildungsangebote zurückgreifen könne. Alle Schularten seien gefordert, die gesellschaftliche Vielfalt zu leben, auf dieser Basis ihre Pädagogik aufzubauen und ihr Schulleben zu gestalten. Wichtige Impulse könnten hier die Gemeinschaftsschulen geben.
Arbeit als Integrationsmotor
„Unser Ziel ist ein fairer Zugang zum Arbeitsmarkt für alle Menschen. Dies betrifft auch Langzeitarbeitslose, Menschen mit Behinderungen oder Schul- und Studienabbrecher, die wir in ihren spezifischen Problemlagen adäquat unterstützen wollen“, heißt es im Leitantrag. Wer Integration voranbringen wolle, müsse unnötige rechtliche und praktische Hürden beseitigen, Zugänge zum Arbeitsmarkt eröffnen und Zukunftskompetenzen in einer digitalen Arbeitswelt 4.0 stärken und weiterentwickeln. Die Grünen sind davon überzeugt, dass ein modernes Einwanderungsland wie Deutschland endlich auch ein modernes Einwanderungsgesetz braucht. Detzer und Hildenbrand: „Damit der Wirtschaftsstandort Baden-Württemberg auch in Zukunft erfolgreich bleibt, sind wir auf die Potenziale aller hier lebenden Menschen und die Zuwanderung qualifizierter Fachkräfte angewiesen.“ Zudem treten die Grünen dafür ein, folgenden Grundsatz umfassend zu verwirklichen: Wer in schulischer, betrieblicher oder überbetrieblicher Ausbildung oder in Arbeit ist, dürfe nicht abgeschoben werden.
Bezahlbare Wohnungen für alle
Die Frage nach gutem und bezahlbarem Wohnraum stellt sich nicht nur im Zusammenhang mit der Flüchtlingsfrage. „Auch Familien, Studierende, Menschen mit schmalem Geldbeutel oder mit Handicaps sind darauf angewiesen“, betonen Detzer und Hildenbrand. Der soziale Wohnungsbau, in den die grün-geführte Landesregierung so viel investiert habe wie seit Jahrzehnten keine andere Regierung vor ihr, müsse weiter vorangetrieben werden. Dabei setzen die Grünen auf integrative Stadtviertel und lebendige Quartiere mit einer sozialen Durchmischung und einem guten nachbarschaftlichen Miteinander. „Wir wollen keine Stadtviertel der Armen und Ausgegrenzten, Flüchtlingsghettos auf der grünen Wiese oder Verdrängung zugunsten Wohlhabender.“
Integration findet vor Ort statt
Kommunen sind der entscheidende Ort für gelingende Integration. Mit einem bundesweit einmaligen „Pakt für Integration“ unterstützt das Land die Städte und Gemeinden dabei. Mehr als 1 000 Integrationsmanager begleiten die Flüchtlinge bei ihrem Weg in die Mitte unserer Gesellschaft. Integrationsprojekte und integrative Strukturen vor Ort wollen die Grünen weiter stärken ebenso wie das bürgerschaftliche Engagement. Sandra Detzer und Oliver Hildenbrand betonen: „Nur wenn sich weiter Menschen ehrenamtlich mit ihrer Zeit, ihrer Kraft und ihrem Engagement in Initiativen, Vereinen, Gruppen und Bündnissen für ein gutes Miteinander einsetzen, werden wir Integration zum Erfolg machen und damit den gesellschaftlichen Zusammenhalt stärken.“