Die Bundesregierung hat ihre Prognose der Flüchtlingszahlen erhöht und rechnet bis zum Endes des Jahres mit bis zu 800.000 Flüchtlingen in Deutschland. Das stellt alle staatlichen Ebene vor große Herausforderungen. Dank des großen Engagements in den zuständigen Behörden und der Unterstützung durch ehrenamtlich tätige Bürgerinnen und Bürger sowie von Wohlfahrtsverbänden ist es möglich, diese Herausforderungen zu bewältigen und den Menschen eine Perspektive zu geben, die aus Angst um ihr Leben bei uns Schutz suchen. Wir Grünen sind in neun von 16 Bundesländern in der Regierung und sehen uns in einer besonderen Verantwortung, einen Beitrag zur Unterbringung, Betreuung und Integration von Flüchtlingen zu leisten. Ministerpräsident Winfried Kretschmann hat deshalb gemeinsam mit den acht stellvertretenden grünen Ministerpräsident*innen eine Gemeinsame Erklärung zur aktuellen Lage in der Flüchtlingspolitik vorgelegt.
Symbolische Maßnahmen wie die Ausweitung der Liste sicherer Herkunftsländer, deren Wirksamkeit bisher in Zweifel steht, sehen sie darin kritisch. Das vorgeschlagene Gesamtkonzept aus schnelleren Verfahren – insbesondere für Bürgerkriegsflüchtlinge, die dauerhaft bleiben werden – und einem modernen Zuwanderungsgesetz würde dagegen für deutliche Verbesserung in der Flüchtlingspolitik sorgen:
- Anerkennungsverfahren beschleunigen: Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge muss mehr als die zugesagten zusätzlichen 2000 Stellen erhalten, um das Ziel einer durchschnittlichen Bearbeitungsdauer von drei Monaten in Anerkennungsverfahren zu erreichen.
- Der Bund muss sich an Kosten beteiligen: Die Länder und Kommunen sind mit den Kosten der Unterbringung und Integration von Flüchtlingen finanziell überfordert. Der Bund hat sich zum Ziel gesetzt, die Verfahrensdauer auf drei Monate zu senken. Ab dem vierten Monat sollte er dann auch die finanziellen Leistungen für Asylbewerber und Geduldete übernehmen.
- Menschenwürdige Flüchtlingsunterkünfte: Flüchtlinge mit sehr guter Aussicht auf Asylanerkennung sollten schnellstmöglich die Erstaufnahmeeinrichtungen verlassen können.
- Lage in den Herkunftsländern verbessern: Die Europäische Union muss sowohl in den EU-Mitgliedsstaaten als auch in den Staaten des Westbalkans, die einen Beitritt zur EU anstreben, Minderheitenrechte durchsetzen.
- Menschen vom Westbalkan eine Alternative bieten: Flüchtlinge aus den Westbalkanländern brauchen Alternativen zum Asylverfahren, zum Beispiel eine zeitlich befristete Aufenthaltsmöglichkeit, damit sie sich einen Arbeitsplatz suchen können.
- Hürden der Arbeitsmarktintegration beseitigen: Die Qualifizierung von Flüchtlingen muss gefördert und die Arbeitssuche erleichtert werden. Hierfür ist eine Verlängerung der Integrationskurse, zusätzliche 1.000 Jobvermittler sowie die Reduzierung der Vorrangprüfung auf drei Monate erforderlich.
- Deutschland braucht ein Einwanderungsgesetz: Neben der Aufnahme von Schutzsuchenden muss ein modernes Einwanderungsgesetz es Arbeitskräften erleichtern, nach festen Kriterien nach Deutschland einzuwandern. Das schafft eine Perspektive für Menschen, die durch das Asylrecht keine Aussicht auf ein Leben hier hätten.