Gespräch mit den Grünen-Landesvorsitzenden Silke Krebs und Chris Kühn zum aktuellen Umfragehoch, zu ihrem Wahlziel und warum die Grünen die Gemeinwohl-Partei sind.
Die Grünen erleben gerade ein Umfrage-Hoch. Heben sie jetzt auch ab?
Silke Krebs: Nein, keine Angst. Wir freuen uns natürlich über die tollen Umfragewerte. Aber sie sind für uns vor allem Ansporn und Auftrag. Nämlich Ansporn dafür, weiter hart dafür zu arbeiten, dass wir viele Menschen im Land von unseren grünen Ideen überzeugen können. Und Auftrag, die vielen Erwartungen, die in uns gesetzt werden, nicht zu enttäuschen.
Chris Kühn: Wir bleiben am Boden, denn Umfragen sind keine Wahlergebnisse – und nur die zählen am Ende. Aber eines machen die Umfragen ganz deutlich: Wir haben eine Wechselstimmung im Land. Die Bürgerinnen und Bürger haben nach 57 Jahren Dauerregierung der CDU die Nase voll von der schwarz-gelben Basta-Politik. Sie wollen sich stärker in die Politik einmischen, mehr mitbestimmen. Und einen solchen Politikwechsel und einen neuen Politikstil gibt’s nur mit uns Grünen.
Was ist Euer Ziel bei der Landtagswahl?
Chris Kühn: Wir wollen die schwarz-gelbe Koalition ablösen, damit ein echter Politikwechsel in Baden-Württemberg möglich wird und wird dieses Land gestalten können. Dafür brauchen wir Grüne das beste Wahlergebnis, das wir im Südwesten je hatten.
Mit welchen Kernthemen zieht Ihr in die Wahl?
Silke Krebs: Grün steht für Arbeit, Bildung, Klima und Demokratie. Wir wollen eine ökologische Modernisierung unserer Wirtschaft. Damit schaffen wir viele neue zukunftsfähige Jobs und schützen das Klima. Nur so wird der Standort Baden-Württemberg auch noch in 20 oder 30 Jahren erfolgreich sein.
Außerdem brauchen wir eine neue Bildungspolitik, die die Kinder in den Mittelpunkt stellt und jedem einzelnen Kind die Chance gibt, seine Talente und Fähigkeiten zu entwickeln. Das fängt bei den Kleinsten an: Wir wollen mehr Krippenplätze schaffen und die frühkindliche Bildung in den Kitas und Kindergärten verbessern. Das ideologische Festhalten am dreigliedrigen Schulsystem wollen wir beenden. Die Kinder sollen künftig wie an den erfolgreichen skandinavischen Schulen länger gemeinsam lernen und besser individuell gefördert werden. Wir werden das aber nicht von oben aufoktroyieren, sondern eine Bildungsreform von unten gemeinsam mit den Schulträgern, den LehrerInnen und Eltern vor Ort machen. Und wir werden die Studiengebühren abschaffen und die Studienbedingungen verbessern.
Chris Kühn: Wir werden natürlich auch alles dafür tun, das Unsinnsprojekt Stuttgart 21 zu verhindern. Stuttgart 21 ist aber nicht nur ein schwerer verkehrspolitischer Fehler. Es ist auch ein Symbol für eine breite Unzufriedenheit in der Bevölkerung mit der Art und Weise, wie die jetzige Landesregierung Politik macht. Wir Grüne wollen mehr Demokratie wagen: Das heißt zum einen: Mehr direkte Demokratie. Die Hürden für Volksentscheide müssen gesenkt werden. Zum anderen müssen aber auch politische Entscheidungen für die BürgerInnen transparenter werden.
Wir machen uns außerdem für konsequenten Klimaschutz und eine echte Energiewende stark. Wir lehnen den schwarz-gelben Ausstieg aus dem Atomausstieg ganz entschieden ab. Stattdessen setzen wir auf die drei E: Mehr erneuerbare Energien, Energie einsparen und mehr Energieeffizienz.
Die CDU fährt gerade harte Angriffe auf die Grünen. Sie spricht von „Dagegen-Partei“, Fortschrittsfeinden und Modernisierungsverweigerern. Was sagt Ihr dazu?
Silke Krebs: Das ist vollkommener Quatsch. Es ist richtig: Wir Grüne sagen Nein zu Stuttgart 21. Und wir sagen auch Nein zur Atomkraft. Aber man muss schon eine sehr verqueres Modernitätsverständnis haben, wenn man die Dinosauriertechnologie Atomkraft, die brandgefährlich ist und die über Jahrmillionen strahlenden hochradioaktiven Müll produziert, als Fortschrittstechnologie betrachtet. Und auch das das Mammutprojekt Stuttgart 21, das Milliarden verschlingt und dem Schienenverkehr im ganzen Land schadet, ist ein Projekt des vergangenen Jahrhunderts.
Chris Kühn: Modernität heißt im 21 Jahrhundert: Erneuerbare Energien, schadstoffarme Autos oder ressourcensparender und energieeffizienter Maschinenbau. Modern sind eine gute und gerechte Bildungspolitik, eine lebendige Demokratie und eine offene, tolerante und solidarische Gesellschaft. Das zeigt: Nicht wir sind die Fortschrittsverweigerer, sondern CDU und FDP. Wir Grünen sind die Gemeinwohl-Partei.