Trotz teuren Wohnraums und schmutziger Luft – Städte strahlen eine ungebrochene Attraktivität aus. Menschen wollen in der Stadt leben und „Stadtleben“ hat für viele einen positiven Klang. Aber warum ist das eigentlich so? Björn Peterhoff (31) ist Mitglied der Grünen Gemeinderatsfraktion im Stuttgarter Rathaus und hat darauf eine Antwort: „In der Stadt geht was.“
Von Julia Link für Grüne Blätter 1/2018: Stadt leben
Was er damit meint: „Stadt bedeutet nicht nur Arbeitsplätze, sondern auch Kultur, Grünflächen und Subkultur.“ Letztere hat ihn zur Politik gebracht: Weil subkulturelle Orte in Stuttgart bedroht waren, fing er 2011 an, sich kommunalpolitisch zu engagieren und trat den Grünen bei. Für ihn ist entscheidend, dass es in einer Stadt Räume gibt, die unkommerziell sind und die entstehen, weil Menschen sich ihre Stadt aneignen. Dort kann sehr Unterschiedliches stattfinden: Skateparks auf Freiflächen, Ateliers in leerstehenden Hallen oder Clubs in Tunnelsystemen. Die verschiedenen Arten von Subkultur haben für Björn eines gemeinsam: „Sie sind in Freiräumen entstanden, die nicht im Fokus der Stadtplanung lagen.“ So habe sich dort kreatives Potenzial entfalten können. Und das ist für Björn unterstützenswert: „Warum sind Berlin und Leipzig so beliebt? Weil es dort diese Räume gibt. Subkulturelle Orte machen eine Stadt lebenswert.“
Subkultur lässt sich nicht verordnen – aber unterstützen
Allerdings sind Freiräume unter anderem durch knappen Wohnraum bedroht. Trotzdem wehrt sich Björn dagegen, beides gegeneinander auszuspielen: „Subkultur ist nicht der Punkt, an dem wir sparen sollten. Wir müssen die Stadt für die Menschen denken.“ Man müsse sich nur umschauen, um Flächen zu identifizieren, die man freigeben kann; beispielsweise Parkplätze. Björn sieht hier auch den Effekt aktiver Bürger*innen, die es einfordern, wieder Freiräume zu schaffen. Klar ist damit auch: „Wir brauchen die Leute in der Stadtgesellschaft, die uns Politiker*innen Druck machen und für ihre Ideen werben.“ Seiner Erfahrung nach sind diese Menschen auch da. Und wenn sie sich von der Kommune ernst genommen fühlen, „bleiben sie auch und wandern nicht nach Berlin ab.“
Für Björn ist die Aufgabe der Politik: „Räume schaffen und erhalten, Freiräume in der Stadtentwicklung mitdenken.“ Berücksichtige man das früh bei der Quartiersplanung, sei auch der Konflikt zwischen Wohn- und Freiraum nicht so groß. Auch neue Quartiere brauchen Begegnungsorte. Umso besser – wenn diese einfach entstehen können. Zum Beispiel in dem Flächen während der Planungsphase zur Zwischennutzung zur Verfügung gestellt werden. So werden etwa in Stuttgart temporäre Leerstände vermittelt und deren Nutzung erleichtert. Letztlich ist es aber ein Merkmal von Subkultur, dass sie sich nicht verordnen lässt. Für ihre Förderung gilt: „Politik muss die Leute mit- und ihre Bedürfnisse ernst nehmen. Dann kann man viel erreichen und spannende Orte schaffen – was unglaublich wichtig ist für eine gute Stadtgesellschaft.“
Ein Beitrag aus unserer Mitgliederzeitschrift zum Thema Städte: Grüne Blätter 1/2018: Stadt leben