Die Grünen-Landeschefs Thekla Walker und Oliver Hildenbrand bewerten die Ergebnisse des Flüchtlingsgipfels zwischen Bund und Ländern überwiegend positiv. Neben Licht sehen sie aber auch Schatten:
„Auf dem Bund-Länder-Flüchtlingsgipfel wurde ein Gesamtpaket vereinbart, das der aktuellen Ausnahmesituation und der großen Herausforderung gerecht wird. Es wurden viele gute Punkte vereinbart, von denen die Flüchtlinge, die Kommunen und die Länder profitieren. Das ist auch ein Verhandlungserfolg unseres Grünen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann.
Insbesondere die Öffnung des Arbeitsmarktes für Zuwanderer aus den Westbalkanstaaten ist ein großer Erfolg für uns Grüne – das haben wir lange gefordert. Dieser Weg zeigt Alternativen für Menschen auf, für die das Asylverfahren eine Sackgasse ist. Das ist der Einstieg in ein modernes Einwanderungsgesetz, das Deutschland dringend braucht.
Der Bund beteiligt sich jetzt – wie von Ministerpräsident Kretschmann lange gefordert – mit einem jährlichen Beitrag an den Kosten der Flüchtlingsunterbringung und Verpflegung und bezahlt eine Pauschale pro Kopf. Dadurch werden Länder und Kommunen dauerhaft unterstützt. Das zu Grunde liegende Modell ist aus finanziellen Gründen gleichzeitig ein Anreiz für den Bund, endlich das Nadelöhr bei der Bearbeitung von Asylanträgen zu beseitigen. Denn eine kürzere Verfahrensdauer ist Dreh- und Angelpunkt bei der Bewältigung der aktuellen Flüchtlingssituation.
Wir freuen uns, dass die Zusage über die von Winfried Kretschmann verhandelte Gesundheitskarte eingehalten wird. Sie ermöglicht eine medizinische Grundversorgung – nur der Gang zum Amt bleibt aus, bevor der Gang zum Arzt erfolgen kann. Das hilft den Flüchtlingen, senkt Kosten und entlastet von bürokratischem Aufwand. Positiv bewerten wir auch, dass die Integrations- und Sprachkurse geöffnet und die Mittel entsprechend aufgestockt werden.
Neben Licht sehen wir aber auch Schatten: In dem Paket sind Punkte enthalten, die unseren Vorstellungen zuwiderlaufen. Deshalb ist es für uns kein einfacher Kompromiss. Eine Reihe von Maßnahmen, die Bürokratie abgebaut und damit Flüchtlinge, Behörden und Helfer entlastet hätten, waren gegen die Große Koalition nicht durchsetzbar. Beispiel: Die Abschaffung der Vorrangprüfung, die längst überfällig ist.
Nach wie vor halten wir das Konstrukt der sogenannten Sicheren Herkunftsländer für falsch. Auch die jetzt vorgesehene Ausweitung auf die Länder Albanien, Kosovo und Montenegro ist in unseren Augen nur Symbolpolitik. Immerhin wurde bei den Verhandlungen erreicht, dass die Liste der sogenannten Sicheren Herkunftsstaaten alle zwei Jahre überprüft wird und der Bund verpflichtet wird, sich für die Verbesserung der wirtschaftlichen und sozialen Situation der Minderheiten im Westbalkan einzusetzen.
Dass das Taschengeld in Erstaufnahmeeinrichtungen künftig durch Sachleistungen ersetzt werden soll, trifft nicht unsere Zustimmung. Wir Grüne in Baden-Württemberg werden keine Statusverschlechterung für Flüchtlinge akzeptieren und wollen dafür Sorge tragen, dass die Helferinnen und Helfer in den Kommunen und Erstaufnahmeeinrichtungen nicht noch durch zusätzlichen bürokratischen Aufwand belastet werden.“