Die Frage nach bezahlbarem Wohnraum für alle ist eine der brennendsten sozialen Fragen unserer Zeit. In Stuttgart, Freiburg, Ravensburg und Tübingen explodieren die Mieten und machen das Leben in den Städten für Polizistinnen, Krankenpfleger oder Rentnerinnen zunehmend unmöglich. Doch wie kam es zu diesen großen Mietsteigerungen, gerade auch bei uns im Südwesten?
Von Chris Kühn für Grüne Blätter 1/2018: Stadt leben
Immobilienspekulation, niedrige Zinsen, Urbanisierung, eine verfehlte Wohnungspolitik und die Aushöhlung des Mietrechts durch Schwarz-Gelb im Bund haben dazu beigetragen. Aber vor allem ist der starke Rückgang des sozialen Wohnungsbaus ausschlaggebend gewesen. Die schwarz-gelbe Bundesregierung hatte 1990 die Wohnungsgemeinnützigkeit abgeschafft und damit die Privatisierung von Eisenbahner-, Post, Genossenschafts- und anderen Werkswohnungen ermöglicht. Viele kommunale Wohnungsunternehmen wurden damals abgewickelt. Das war ein fataler Fehler, denn im Zuge der darauffolgenden Privatisierungwelle des Wohnungsmarktes ging immer mehr sozialgebundener Wohnraum verloren.
Rund 1,8 Millionen Wohnungen haben seitdem ihre Sozialbindung verloren, heute sind deutschlandweit nur noch 1,2 Millionen übrig. Diese Wohnungen sind oftmals unter enormen Mietsteigerungen und mit hohen Renditeerwartungen auf den freien Wohnungsmarkt gelangt. Allein in der letzten Legislaturperiode haben wir auf diese Weise in Deutschland mehr als 200.000 Sozialwohnungen verloren. Das führt zu Verdrängung und letztlich zur Bedrohung des gesellschaftlichen Zusammenhalts.
Eine Million bezahlbare Wohnungen
Deswegen fordern wir Grüne auf Bundesebene eine neue Wohnungsgemeinnützigkeit und mehr Investitionen in den sozialen Wohnungsbau. Wir wollen, dass bei der Förderung wieder das Prinzip „öffentliches Geld für öffentliche Güter“ gilt. So können wir in zehn Jahren eine Million gemeinnützige, dauerhaft bezahlbare Wohnungen schaffen. Wir sind überzeugt: Was in Österreich oder den Niederlanden gut funktioniert, geht auch bei uns. Es ist Zeit für eine neue Wohnungsgemeinnützigkeit.
Wohnen ist ein Grundrecht
Denn im Mittelpunkt unserer Wohnungspolitik steht das soziale Grundrecht auf eine Wohnung. Ich finde, eine Wohnung ist mehr als ein Renditeobjekt. Sie ist ein Zuhause, ein Rückzugsort und der privateste Ort, den man hat. Deshalb kämpfen wir gemeinsam mit den Grünen in den Kommunen und den Ländern für das Gemeingut Wohnen. Denn Wohnen muss endlich wieder Daseinsvorsorge sein.
Ein Beitrag aus unserer Mitgliederzeitschrift zum Thema Städte: Grüne Blätter 1/2018: Stadt leben