Deutschland muss bis Ende 2015 Atommüll aus den Wiederaufarbeitungsanlagen im französischen La Hague und dem britischen Sellafield zurücknehmen. Gorleben wurde durch einen parteiübergreifenden Konsens als Lagerstätte ausgeschlossen, deshalb haben die Grün regierten Länder Schleswig-Holstein und Baden-Württemberg sich bereit erklärt, Castorbehälter aufzunehmen. Fünf Behälter sollen ins Zwischenlager nach Philippsburg kommen, daran stört sich jetzt ausgerechnet die CDU. Im Interview kritisiert die atompolitische Sprecher der Grünen Bundestagsfraktion Sylvia Kotting-Uhl diese geheuchelten Bedenken.
Die CDU kritisiert die Bereitschaft zur Aufnahme von fünf Castorbehältern in Philippsburg gefährde die Sicherheit der Bevölkerung. Wie findest du diese Haltung?
„Die geheuchelten Bedenken der CDU helfen niemandem – sie führen die Bevölkerung in die Irre und gehen zulasten der parteiübergreifenden Kooperationsbereitschaft, die noch lange notwendig sein wird, um das Atommüll-Problem zu lösen. Peter Hauk und Co wissen genau, dass die von ihnen 2010 forcierte Laufzeitverlängerung nicht nur das Betriebsrisiko des anfälligen Altreaktors Philippsburg 1 um acht Jahre verlängert hätte. Die Laufzeitverlängerung für die beiden Reaktoren hätte auch zu über 50 zusätzlichen Castoren mit hochradioaktivem Inhalt alleine am Standort Philippsburg geführt. Erst den Menschen massive Atomgefahren aufhalsen wollen und sich dann zum Atomkraftgegner stilisieren wollen ist schlicht unseriös und in der Sache schädlich.“
Warum ist die Aufnahme von fünf Castorbehältern in Philippsburg notwendig?
„Nach Fukushima gab es zwei zusammengehörende parteiübergreifende Gesetzesbeschlüsse: Den Atomausstieg und das Standortauswahlgesetz. Dem Atomausstieg ist zu verdanken, dass Philippsburg 1 sofort stillgelegt und für Philippsburg 2 die Laufzeitverlängerung zurückgenommen wurde. Das hat den Philippsburgerinnen und Philippsburgern über 50 Castoren mit hochradioaktivem Inhalt erspart. Der Beschluss zur Endlagersuche verbietet, dass die 26 Castoren mit Abfällen aus der Wiederaufarbeitung nach Gorleben gehen. Das wurde parteiübergreifend so gewollt und beschlossen – auch von der CDU. Deshalb müssen nun andere Zwischenlager die 26 Behälter so lange aufnehmen, bis es ein Endlager dafür gibt. Für die Anwohner des Zwischenlagers sind die fünf Behälter aus La Hague natürlich eine Belastung. Man darf aber nicht vergessen, dass sie mit einer viel größeren Entlastung durch den Atommausstieg verbunden sind.“
Was erwartest du von der CDU im Bundestag in dieser Sache?
„Dass sie unseriöse Krachmacher wie Herrn Hauk an die Fakten und die eigene Verantwortung erinnert. Ich sehe insbesondere Thomas Strobl als Landesvorsitzenden in der Pflicht, seinen Parteifreund an wichtige Punkte zu erinnern. Erstens, dass der Irrsinn der von der CDU gewollten AKW-Laufzeitverlängerung für Philippsburg gravierende Gefahren und massive Belastungen bedeutet hätte. Zweitens, dass das Standortauswahlgesetz auch von der CDU gewollt und beschlossen wurde. Drittens, dass sich das Atommüllproblem nicht für billige parteipolitisch motivierte Angriffe eignet. Wir werden es nur lösen, wenn wir Politikerinnen und Politiker noch lange Zeit parteiübergreifend zu Sachlichkeit, Solidarität und Kompromissbereitschaft bereit sind. Es braucht Rückgrat und Verantwortungsbewusstsein, nicht unseriösen Lärm.“