Im neuen Entwurf des Bildungsplans gibt es eine eigene Leitperspektive „Bildung für Toleranz und Akzeptanz von Vielfalt“ – diese beinhaltet auch das Thema „Akzeptanz sexueller Vielfalt“. Unser Landesvorsitzender Oliver Hildenbrand erklärt im Interview warum der Bildungsplan überarbeitet wurde und weist den Vorwurf zurück, die Landesregierung wäre eingeknickt.
Wie ist der aktuelle Stand in Sachen Bildungsplan?
Auf dem Weg zum neuen Bildungsplan für Baden-Württemberg ist die Landesregierung einen wichtigen Schritt vorangekommen. Das Arbeitspapier zum Bildungsplan wurde weiterentwickelt. Es wird künftig drei allgemeine und drei spezifische Leitperspektiven geben. Die wichtigste Neuerung ist, dass eine eigenständige Leitperspektive „Bildung für Toleranz und Akzeptanz von Vielfalt“ im Bildungsplan verankert werden soll. Dazu gehört selbstverständlich auch die Akzeptanz sexueller Vielfalt, die zugleich in einen umfassenden Zusammenhang von Pluralität eingeordnet wird. Das entspricht unserem grünen Verständnis von gesellschaftlicher Vielfalt. Denn Menschen werden heute leider aus unterschiedlichen Gründen diskriminiert – etwa wegen ihrer Hautfarbe, ihrer Herkunft oder wegen ihrer sexuellen Orientierung oder ihrer geschlechtlichen Identität. Wir wollen, dass Schüler*innen lernen, mit gesellschaftlicher Vielfalt umzugehen. Denn niemand darf in unserer Gesellschaft ausgegrenzt oder diskriminiert werden, weil er anders ist.
Ist die Landesregierung bei der Akzeptanz sexueller Vielfalt eingeknickt, wie jetzt von manchen behauptet wird?
Die Landesregierung knickt nicht ein und sie relativiert auch nicht. Ein respektvolles, tolerantes und offenes Miteinander ist und bleibt das Ziel. Das unterstreichen wir, indem wir eine eigenständige und umfassende Leitperspektive zu Toleranz und Vielfalt einführen. Das bisherige Arbeitspapier zum Bildungsplan war in Teilen unglücklich und auch etwas hölzern formuliert. So war das Thema Akzeptanz sexueller Vielfalt als Querschnittsaspekt allen Leitprinzipien zugeordnet. Das hat nicht nur zu Missverständnissen geführt, sondern hat es leider auch denen leicht gemacht, die in der öffentlichen Debatte mit falschen Behauptungen Stimmung gemacht haben. Um dieses längst noch nicht ausgearbeitete Arbeitspapier weiterzuentwickeln, hat ein breiter gesellschaftlicher Diskurs auf unterschiedlichsten Ebenen stattgefunden. Der Wunsch, das Thema sexuelle Vielfalt in einem breiteren Kontext zu verorten, kam von vielen unterschiedlichen Gruppen, etwa von der Bildungsgewerkschaft GEW und den Kirchen. Auch das Landesnetzwerk LSBTTIQ Baden-Württemberg begrüßt die Verankerung der neuen Leitperspektive im Bildungsplan.
„Die heftige öffentliche Debatte hat deutlich gemacht, warum es dringend geboten ist, weiter für ein Klima der Akzeptanz und der Offenheit zu streiten.“
Wie fällt Dein persönliches Fazit zur Debatte um den Bildungsplan aus?
Die heftige öffentliche Debatte hat deutlich gemacht, warum es dringend geboten ist, weiter für ein Klima der Akzeptanz und der Offenheit zu streiten. Eine unheilige Allianz aus ultrakonservativen Verbänden, fundamentalistischen Strömungen und rechten Gruppierungen hat versucht, in Baden-Württemberg einen Kulturkampf anzuzetteln. Mit falschen Behauptungen und abstrusen Unterstellungen wurden Ängste geschürt. Die Oppositionsparteien CDU und FDP sind auf diesen Zug aufgesprungen und haben selbst reichlich schrille Töne in die Debatte eingebracht. Doch Baden-Württemberg ist längst weiter. Wir leben in einer bunten und vielfältigen Gesellschaft. Deshalb ist es richtig und wichtig, dass Werte wie Toleranz, Respekt und Weltoffenheit in den Schulen vermittelt werden. Für uns Grüne ist Schule ein Ort der Vielfalt und der Akzeptanz – und kein Ort der Ausgrenzung und der Diskriminierung. Eine eigenständige Leitperspektive „Bildung für Toleranz und Akzeptanz von Vielfalt“ steht dem neuen Bildungsplan für Baden-Württemberg deshalb gut zu Gesicht.