Digitale Teilhabe für alle – das forderten die baden-württembergischen Grünen bei ihrem Landesausschuss in Mannheim. Denn egal ob es um den Zugang zu Arbeit, Bildung oder Demokratie geht – in der Wissensgesellschaft wird das Internet immer mehr zu dem Medium, das gesellschaftliche Teilhabe ermöglicht, machte der Grünen-Landesvorsitzende Kühn in seiner Rede deutlich. Die Grünen wollen außerdem die Chancen der digitalen Revolution für den Wirtschaftsstandort Baden-Württemberg nutzen.
„Die Zukunft ist digital. Und wir Grünen wollen und können diese Zukunft mitgestalten“, sagte Kühn. Für Ministerpräsident Mappus sei Netzpolitik hingegen kein Thema. So habe er sich in seiner Regierungserklärung weder mit Datenschutz, noch mit Medienpädagogik oder digitaler Bürgerbeteiligung beschäftigt. „Schade, Herr Mappus. Ein Facebook-Profil reicht für eine gute Netzpolitik noch lange nicht aus“, kritisierte Kühn.
Zugang zum Internet – für alle
Die Grünen wollen Baden-Württemberg zum Spitzenland beim Netzzugang machen. Um dieses Ziel zu erreichen, sprechen sie sich für ein Recht auf Breitbandzugang aus – wie es etwa in Finnland besteht. Denn „wir verstehen den Zugang zum Netz als Teil der Daseinsvorsorge“, so Kühn. Von einem massiven Ausbau der Breitbandverbindungen würde vor allem der ländliche Raum profitieren, wo oft noch schelle Internetverbindungen fehlen.
Außerdem darf der Zugang zum Netz nicht vom Geldbeutel abhängen, so die Grünen. Deshalb fordern sie freie Internetterminals in öffentlichen Gebäuden oder freie WLAN-Netzwerke in Städten und Dörfern.
Teilhabe am Netz setzt aber auch Medienkompetenz voraus. Die Landesregierung müsse mehr in Sachen Medienpädagogik tun, damit die Menschen das Web auch mündig und selbstbestimmt nutzen. Medienerziehung solle deshalb in Kindergärten und Schulen im Alltag verankert und fester Bestandteil der Ausbildung von LehrerInnen und ErzieherInnen werden.
Das Prinzip der Netzneutralität wollen die Grünen konsequent durchsetzen. Denn Netzbetreiber dürften nicht zu Türwächtern des Internets werden, sondern müssten Datenpakete von und an ihre Kunden gleich behandeln – unabhängig davon, woher diese stammten.
Für Freiheit und Datenschutz
Die Südwest-Grünen machen in ihrem Beschluss deutlich, dass sie Netzsperren und die staatliche Speicherung von Kommunikationsdaten entschieden ablehnen. „Wir Grünen sind eine Partei der Bürgerrechte. Wir sagen: Meine Daten gehören mir – keine Chance dem Schnüffelstaat und der Schnüffelwirtschaft“, sagte Kühn. Netzsperren seien reine Symbolpolitik, da sie leicht umgangen werden könnten und so zur Bekämpfung von Kinderpornografie ungeeignet seien. Die grüne Forderung lautet: Löschen statt Sperren. Kinderpornografische Internetangebote sollten gelöscht – und nicht eine Zensurinfrastruktur aufgebaut werden.
Die Vorratsdatenspeicherung sollte endgültig beerdigt werden. Konsequenter Datenschutz müsse auch für Unternehmen und Betreiber von Social Networks gelten. Facebook und Co. müssten verpflichtet werden, dass die UserInnen die volle Kontrolle über ihre Daten behalten und persönliche Daten nur mit ausdrücklicher Zustimmung der Betroffenen weitergegeben werden.
Baden-Württemberg als Vorreiter der Green IT
Informations- und Kommunikationstechnologie ist heute ein Stromfresser – mit erheblichen Folgen fürs Klima. Die Grünen treten deshalb für Green IT und eine klimaneutrale digitale Gesellschaft: Der Energieverbrauch von Computern soll reduziert und die Restenergie aus Erneuerbaren gedeckt werden. Die Softwarehersteller im Land sollen ihren Beitrag zur Entwicklung energieffizienter Hardware leisten. Die Grünen wollen mit Baden-Württemberg zum erfolgreichen High-Tech-Standort von Green IT machen – und so zukunftsfähige Arbeitsplätze schaffen.
Dem Fachkräftemangel in der IT-Branche wollen die Grünen durch einen Ausbau der Studienplätze im Internet-Bereich und entsprechende Weiterbildungsangebote gezielt bekämpfen.
Der Weg in die Wissensgesellschaft bringt auch eine tiefgreifende Veränderung der Arbeitswelt mit sich. Die Grünen wollen sich auch in der digitalen Gesellschaft für die Standards guter Arbeit stark machen.
Freier Zugang zu Inhalten
Teilhabe heißt auch: Freier Zugang zu Inhalten. Die baden-württembergischen Grünen lehnen deshalb eine Monopolisierung und Einschränkungen des Zugangs zu Netzinhalten ab. Sie wollen das Recht auf Informationsfreiheit konsequent durchsetzen. Das heißt aus grüner Sicht: Die BürgerInnen müssen auf öffentliche Daten Zugriff haben. Staatliche Stellen sollen – nach dem Motto: private Daten schützen, öffentliche Daten nützen – möglichst viele Daten im Internet veröffentlichen, solange nicht Persönlichkeitsrechte verletzt werden oder andere rechtliche Hürden bestehen. Zentral ist für die Grünen auch der freie Zugang zu Wissen. Ergebnisse öffentlich geförderter Forschungsprojekte sollten deshalb kostenfrei und zeitnah im Web veröffentlicht werden.
Die Grünen wollen außerdem, dass die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ihren Informationsauftrag auch im Netz umfassend erfüllen. Deshalb sollten die Beschränkungen des Onlineangebots im Rundfunkstaatsvertrag aufgehoben werden.
Die Grünen lehnen eine pauschale Kriminalisierung unlizensierter Nutzung von Netzinhalten als Piraterie ab. „Der Abmahnwahnsinn der großen Verlagsgiganten muss beendet werden“, forderte Kühn. Stattdessen sei eine grundlegende Reform des Urheberrechts notwendig, die einen fairen Ausgleich zwischen NutzerInnen und Kulturschaffenden ermöglicht. Als einen möglichen Weg betrachten die Grünen die Kulturflatrate. Mit einer solchen Pauschalabgabe auf Internet-Anschlüsse soll eine angemessene Vergütung der UrheberInnen mit dem Recht auf die Privatkopie in Einklang gebracht werden.
Menschen mit Behinderung dürfen nicht von der digitalen Welt ausgeschlossen werden, fordern die Grünen. Online-Angebote der öffentlichen Hand, aber auch privatwirtschaftliche Webseiten sollten deshalb konsequent barrierefrei gestaltet werden.
Mehr digitale Demokratie wagen
Das Netz bietet vielfältige Möglichkeiten der politischen Beteiligung. Die Südwest-Grünen wollen mehr digitale Demokratie wagen, betonte Kühn. Dabei dürfe es sich nicht um bloße Beteiligungssimulation handeln. Sie fordern deshalb, dass Unterschriften für Bürgerbegehren auch online gesammelt werden können. Der Landtag solle außerdem das Instrument der Online-Petition einführen.