Letztes Wochenende haben rund 800 Delegierte über unser Wahlprogramm beraten und diskutiert, wie der grüne Wandel in unserem Land gelingen kann. Am Ende des dritten Sitzungstages haben die Delegierten das Wahlprogramm ohne Gegenstimmen angenommen – nach dem basisdemokratischen Marathon ein Grund zum Feiern. Mit vielen grünen Luftballons und lauter Musik feierte die Partei sich und ihr Programm und stimmte sich auf den Wahlkampf ein.
Zu Beginn des Parteitags haben die Spitzenkandidaten Katrin Göring-Eckardt und Jürgen Trittin die Basis eingeschworen: Trittin attackierte die schwarz-gelbe Bundesregierung mit den Worten „Die Regierung Merkel ist keine Regierung, sie ist fleischgewordener Stillstand.“ Außerdem machte er den Parteimitgliedern Mut, sich nicht unterkriegen zu lassen: „Lasst Euch nicht erzählen, wir würden das nicht schaffen.“ Göring-Eckardt machte klar, wofür sich die Grünen einsetzen, vor allem im Unterschied zur Merkel-Regierung: „Unsere Realität ist nicht die Realität der Lobbys von Schwarz-Gelb“, sagte sie. „Wir sind die Lobby des wirklichen Lebens da draußen, wir sind die Lobby der Kinder und der Armen, wir sind die Lobby für den Klimaschutz und für die globale Gerechtigkeit“, so die Spitzenkandidatin.
Eigentlich ging es bei dem Parteitag aber um das Wahlprogramm zur Bundestagswahl. Aufgabe der Delegierten war es, das Programm zu beschließen. Das bedeutete auch, jede Menge Änderungsanträge abzustimmen – Parteimitglieder hatten im Vorfeld der Veranstaltung 2600 Anträge gestellt. Die meisten davon hat die Antragskommission direkt übernommen, einige strittige wurden aber auf der BDK behandelt.
Gleichberechtigung, soziale Gerechtigkeit und Energiewende
Wir setzen uns für eine moderne Gesellschaft ein, in der Gleichberechtigung selbstverständlich ist – Gleichberechtigung von Homosexuellen, Einwanderern und der Geschlechter. Deshalb wollen wir auch das Ehegattensplitting stufenweise abschmelzen. Es sorgt noch immer dafür, dass viele Frauen finanziell von ihren Ehemännern abhängig sind. Außerdem unterstützt es nur verheiratete Paare, nicht jedoch Menschen, die in anderen Konstellationen Kinder großziehen. „Wir wollen Kinder fördern und nicht den Trauschein“, begründete Kerstin Andreae das Vorhaben. „Das Ehegattensplitting ist ein Modell von gestern.“ Einen Teil der durch den Abbau des Splittings eingesparten Mittel wolle man in die Infrastruktur, also in Kitas und Ganztagsschulen stecken, sagte die stellvertretende Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion.
In Deutschland verfügen zehn Prozent der Haushalte über weit mehr als die Hälfte des gesamten privaten Nettovermögens – die unteren 50 Prozent der Haushalte dagegen besitzen zusammen gerade einmal ein Prozent des Nettovermögens. Damit die Schere zwischen Arm und Reich nicht noch weiter auseinandergeht machen wir uns für mehr soziale Gerechtigkeit stark. Der Grüne Bundesvorsitzende Cem Özdemir spielte auf der BDK dann auch auf die Zuschreibung an, die Grünen seien eine „Robin-Hood-Partei“. Er habe Robin Hood immer sympathisch gefunden und glaube, dass Robin Hood heute jemand wäre, „der sich gegen unregulierte Finanzmärkte einsetzen würde, der gegen Steuerhinterziehung vorgehen würde, der mit uns gemeinsam für Mindestlöhne und für gleiche Rechte für alle kämpfen würde.“
Die Energiewende wollen wir deutlich konsequenter umsetzen, als es die schwarz-gelbe Bundesregierung zurzeit tut. Vor allem wollen wir nicht unsere Altlasten den nachfolgenden Generationen überlassen. Die Delegierten stimmten daher für Nachbesserungen im Endlagersuchgesetz. Dass der Gesetzentwurf als Kompromiss zwischen Bund und Ländern überhaupt zustande kam, ist auch Ministerpräsident Winfried Kretschmann zu verdanken. Er hatte sich dafür stark gemacht, die Suche nach einem Endlager schnell zu beginnen, anstatt ein so zentrales Thema immer weiter zu vertagen, bis sich andere damit beschäftigen müssen.
Wir wollen Rot-Grün.
Spätestens seit dem Parteitag ist auch klar: Unser Ziel ist Rot-Grün. So haben es die Delegierten beschlossen und im Programm festgeschrieben. Das signalisierte auch der Auftritt von SPD-Chef Sigmar Gabriel. Er ist überzeugt von einer Koalition zwischen Grünen und SPD, „weil es um mehr geht, als eine Liste von Einzelthemen, um mehr, als darum, ein paar Ministerien zu besetzen.“ Claudia Roth machte ebenfalls Stimmung für den Wahlkampf gegen Merkel und zeigte sich überzeugt: „Die nächste Bundesregierung wird Rot-Grün – mit ganz viel Grün.“