Qualität! Darum drehte sich alles beim Bildungsratschlag der baden-württembergischen Grünen im Stuttgarter Hospitalhof (Samstag, 11. März 2017). Bildungsexperten und -Expertinnen aus Theorie und Praxis stellten ihre Forschungsergebnisse und Erfahrungen vor, wie Schul- und Unterrichtsqualität gesichert und weiterentwickelt werden kann. „Von den Besten wollen wir lernen“, betonten die Grünen-Landeschefin Sandra Detzer und der Sprecher der LAG Bildung, Wolfgang Straub – lernen vor allem auch, wie ein erfolgreicher Umgang mit einer immer heterogeneren Schülerschaft aussehen kann. Ein herausragendes Positivbeispiel dabei ist die Gemeinschaftsschule in Wutöschingen. Lernbegleiter Dr. Johannes Zylka präsentierte eindrucksvoll, wie kreativ seine leistungsstarke Schule diese Herausforderung annimmt und dabei die Kommune als starke Partnerin an ihrer Seite weiß.
Grünen-Fraktionschef Andreas Schwarz stellte das Ziel der grün-geführten Landesregierung vor: „Es geht darum, unseren Kindern die beste Bildung zu vermitteln, damit sie ein Leben in Freiheit, Selbstbestimmtheit, Selbstverantwortung und mit viel Selbstvertrauen führen können.“ Das Grüne Selbstverständnis dabei: Ein hohes Bildungsniveau soll erreicht werden – und gleichzeitig der Bildungserfolg endlich von Herkunft und Geldbeutel der Eltern entkoppelt werden. Das Land statte die Schulen gut aus: „Von den vorgesehenen 150 Millionen Euro für politische Schwerpunkte im Haushalt 2017 kommen allein ein Drittel dem Bereich Bildung zu. Der Schulbereich profitiert davon mit 32,9 Mio. Euro.“ Zwischen 2011 und 2016 wurden laut Schwarz die Bildungsausgaben um 1,5 Mrd. Euro auf 10,6 Milliarden Euro erhöht – und das bei zurückgehenden Schülerzahlen. Allein zum Schuljahr 2016/2017 seien rund 6.600 Lehrerinnen und Lehrer neu eingestellt worden. „Das ist die höchste Einstellungszahl in Baden-Württemberg seit den 1970er-Jahren!“
Wie kann die grün-geführte Landesregierung unsere Schulen beim Bewältigen der anstehenden Herausforderungen unterstützen und für mehr Qualität sorgen? Folgende Schwerpunkte sehen die Grünen laut Fraktionschef Schwarz:
Professionalisierung der Lehrkräfte – Fortbildung: „Entscheidend für die Qualität im Unterricht sind in erster Linie die Lehrkräfte“, betonte Schwarz. „Mit der Reform der Lehrerbildung haben wir einen wichtigen Schritt eingeleitet.“ In Kürze startet eine Online-Befragung unter den Lehrerinnen und Lehrern, die dazu beitragen soll, die Qualität bei der Lehrerfortbildung zu steigern. Laut der bildungspolitischen Sprecherin der Grünen im Landtag, Sandra Boser, müssen Angebot und Nachfrage passen: „In den zentralen Themenfeldern Umgang mit Heterogenität, Inklusion und Digitalisierung ist das Angebot derzeit zu knapp.“
Qualitätsmanagement für starke Schulen – Monitoring: „Wir werden ein systematisches Bildungsmonitoring einführen, um die Entwicklung in den Schulen nachvollziehen zu können“, kündigte Schwarz an. Dabei setze man auf vorhandene Kennzahlen, auf Leistungsvergleiche und Fremdevaluationen. „Wir analysieren die sozioökonomischen Hintergründe und fassen diese Kennzahlen zusammen, um sie den Schulen zur Verfügung zu stellen.“ Schulen sollen dann für sich Konzepte entwickeln, um für ihre Schülerschaft die besten Voraussetzungen zu schaffen.
Wie das vorbildlich gelingen kann, stellte Professorin Dr. Anne Sliwka vom Institut für Bildungswesen an der Universität Heidelberg am Beispiel der Provinz Alberta (Kanada) vor, die bei den PISA-Studien regelmäßig zu den Siegern zählt. Auf der Basis der Daten treten alle Akteure in einen regelmäßigen Dialog, entwickelten gemeinsame Ziele und die entsprechenden Unterstützungsmaßnahmen dazu.
Schulleiterinnen und Schulleiter stärken: „Eine Rektorin, ein Rektor muss heute ein Tausendsassa sein“, stellte Andreas Schwarz fest. Deren Führungs- und Managementkompetenz sei ist ein wesentlicher Faktor der Qualitätsentwicklung von Schulen. Sie benötigten daher Freiraum für die pädagogische Entwicklung ihrer Schulen und Zeit für ihr Kollegium. „Wir wollen prüfen, wie wir die Schulleitungen von Verwaltungsaufgaben entlasten können, um ihnen mehr Freiraum zu geben“, kündigte der Grünen-Fraktionschef an.
Auch der Tübinger Erziehungswissenschaftler Professor Dr. Thorsten Bohl hob die zentrale Rolle von Schulleitungen hervor. Die Untersuchungen zeigten, wie enorm der Einfluss von Schulleitungen für eine gelingende Schule sei. Sie motivierten, schafften Identifikation und gestalteten Arbeitsbedingungen. Dadurch nehmen sie laut Bohl direkten Einfluss auf die Lernerfolge der Schülerinnen und Schüler.
Regionale Schulentwicklung als Beitrag zur Qualitätssicherung: Flächendeckend sollen auch in Zukunft alle Schulabschlüsse in erreichbarer Nähe angeboten werden können, sagte Schwarz. Die Qualität dürfe dabei nicht auf der Strecke bleiben. Parteipolitische Befindlichkeiten müssten zurückgestellt werden. Es gehe einzig und allein darum, „welche Konzepte aufgehen und wie sie von Eltern und Schülerinnen und Schülern angenommen werden“. Alle Landkreise der Regionen sollen gute und umfangreiche Bildungsangebote anbieten können.
Schleswig-Holstein hat vorgemacht, wie es geht: Selbst als alle Haupt- und Realschulen zu Gemeinschaftsschulen zusammengeführt wurden, gab es keine Strukturdebatten. Die Frage über guten Unterricht, über das Fördern und Fordern der Schüler stand im Mittelpunkt, wie Dr. Thomas Riecke-Baulecke, der Direktor des Instituts für Qualitätsentwicklung an Schulen Schleswig-Holstein, erklärte.