Wir haben die Erde von unseren Kindern nur geborgt

Heute blühen und grünen die Rheinauen, wo einst das Kernkraftwerk Wyhl entstehen sollte. Das ehemalige Werksgelände ist heute ein Naturschutzgebiet. Dort beweist sich 1975, während einer monatelangen Besetzung, eine neue, lautstarke Bewegung in Baden-Württemberg: Die Anti-Atomkraft-Bewegung. Wyhl kann schließlich verhindert werden, und der Kampf gegen die Atomkraft prägt eine Generation.
Wie können wir unseren Planeten für unsere Kinder bewahren? Auf diese drängende Frage der Zeit haben die etablierten Parteien keine überzeugende Antwort. Politik sollte nicht mehr nur etwas für verstaubte Anzugträger sein, sondern Mitbestimmung ermöglichen; sie sollte mit neuen Aktionsformen die Menschen erreichen. So nimmt einige Jahre später eine Idee Form an.

Die Grünen: made in Baden-Württemberg

Die Idee ist, eine alternative Partei zu gründen, um aus den sozialen Bewegungen wie Ökologie-, Friedens- oder Frauenbewegung neue Themen in die Politik zu tragen. Die Umsetzung erweist sich jedoch als schwieriger. Wie soll eine Partei aufgebaut sein, die sich als bewusster Gegensatz zu den bisherigen Parteien versteht? Wie die verschiedenen Interessen unter einen Hut bringen?
Der Geburtsort der Grünen liegt in Baden-Württemberg. Am 30. September 1979 gründen mehrere Hundert Interessierte in Sindelfingen den allerersten Landesverband. Nur ein Vierteljahr später, am 13. Januar 1980, hebt die Gründungsversammlung in Karlsruhe nach heftigen Diskussionen die Bundespartei Die Grünen aus der Taufe. Die Prinzipien der neuen Partei: sozial, ökologisch, basisdemokratisch, gewaltfrei.

Wir machen den Landtag bunter

Wir sind erst einige Monate jung, als wir das Unglaubliche schaffen: 5,3 Prozent. Am 16. März 1980 wählen die Bürger*innen sechs Grüne in den Landtag. Wir sind im Parlament angekommen, aber ganz schön anders: Zur Wahl überreichen wir Ministerpräsident Lothar Späth einen Kaktus. Und Winfried Kretschmann demonstriert an diesem Tag in Gorleben anstatt an der Plenarsitzung teilzunehmen.
Wir wollen sowohl mit den Menschen auf der Straße wie auch im Parlament Veränderungen erreichen. In Mutlangen organisieren wir 1983 eine Menschenkette gegen den Nato-Doppelbeschluss, in Neckarwestheim demonstrieren wir gegen Atomkraft. Die grüne Landtagsfraktion arbeitet von Anfang an pragmatisch, aber mit klaren Werten. Das kommt im Land gut an: Bei allen folgenden Landtagswahlen erhalten wir mehr Stimmen als die FDP.

„Bei einem Fest der Grünen mit viel Salat, frischer Milch, Müsli, Käse und Brot, Wein und Musik“ im Winter 1982, so der SDR, lobt der CDU-Abgeordnete Gerhard Weng die Grünen: „Gäbe es öfter solche Feste wie bei den Grünen, wäre der Landtag fröhlicher und kreativer.“

Stricken auf dem Parteitag, Turnschuhe im Parlament, als Raupe verkleidet in der Stadt – die frühen Grünen missachten die politischen Gepflogenheiten. Ein Schock.
Aber auch die Selbstverständlichkeit von Frauen in Führungspositionen oder das Bewusstsein für Bio-Lebensmittel tragen wir in die Öffentlichkeit und haben damit viel verändert. Auch wenn wir Grüne heute vielleicht nicht mehr den Klischees entsprechen: Wir sind immer noch der Überzeugung, die Welt lässt sich am besten mit guten Ideen verbessern. Und Müsli gibt’s heute auf den meisten Frühstückstischen.

Ganz schön anders

Mit Kreativität und Stacheln in die Politik

Bei uns sind auch mal die Fetzen geflogen ...

Foto: Otto Schily und Petra Kelly

Die Achtziger sind die Zeit der Strömungsstreits zwischen „Realos“ und „Fundis“. Bekannte Persönlichkeiten sind Joschka Fischer oder Petra Kelly. Ebenso prägend sind die Auseinandersetzungen um Kosovo- und Afghanistan-Bundeswehreinsätze während der rot-grünen Bundesregierung.

... und wir sind auch mal hingefallen

Grafik: Wir reden vom Wetter

1990 unterschätzen wir den Wunsch nach Wiedervereinigung und plakatieren „Alle reden von Deutschland, wir reden vom Wetter“: Die West-Grünen fliegen aus dem Bundestag. Ab 1993 bilden dann aber Ost- und West-Grüne eine gemeinsame Partei: Bündnis 90/Die Grünen.

Mit Weitblick für neue Energie

Wir haben jedoch schon früh Weitblick bewiesen, was wichtige Zukunftsthemen angeht. Wir Grüne setzen schon seit den Achtzigern auf die Energiewende – auch aus Klimaschutzgründen. Vor dem Klimawandel haben wir nie die Augen verschlossen.
Im Land „gehen die Lichter aus“ ohne Atomkraft? So malte Ministerpräsident Filbinger 1975 schwarz. Die Reaktorkatastrophe von Tschernobyl 1986 macht das Leid und die Gefahr für uns alle sichtbar. Wir Grüne haben deshalb nicht nachgelassen. In der rot-grünen Bundesregierung können wir ab 2000 endlich den Atomausstieg umsetzen. 2005 geht mit Obrigheim das erste baden-württembergische AKW vom Netz. Mit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz geben wir den Anschub für die Energiewende und machen den Traum von erneuerbarer Energie zur Wirklichkeit.

Grün, vielfältig und erfolgreich

Baden-Württemberg ist vielfältig – und das ist Garantie für eine innovative Gesellschaft. Migrant*innen und ihre Kinder haben dieses Land mit aufgebaut; Frauen wollen hier genauso selbstbestimmt sein wie anderswo; Lesben, Schwule und Trans-Menschen leben auch im Ländle – logisch. Das moderne, vielfältige Baden-Württemberg gab es jenseits konservativer Vorstellungen schon immer. Und wir Grüne setzen uns für gleiche Rechte und Chancen für alle ein. Seien es feministische Themen, die Ehe für alle oder das Wahlrecht für Ausländer*innen.
1988 wird Biggi Bender Vorsitzende der grünen Landtagsfraktion, die erste Frau in dieser Position in Baden-Württemberg. Cem Özdemir aus Bad Urach, langjähriger grüner Bundesvorsitzender, ist 1994 einer der ersten zwei Bundestagsabgeordneten mit türkischen Eltern.

1991 geht es durch die Presse: Elmar Braun aus dem kleinen Maselheim wird zum ersten grünen Bürgermeister gewählt. Schon immer sind wir kommunalpolitisch engagiert, für öffentlichen Verkehr, sozial-ökologische Städte und lebendige Ortskerne.

In Baden-Württemberg setzen wir Maßstäbe: Elmar wurde inzwischen mit 85 Prozent zum dritten Mal wiedergewählt. Horst Frank wird 1996 in Konstanz erster grüner OB, 2002 folgt Dieter Salomon (Freiburg) als erster grüner Großstadt-OB. Auch Fritz Kuhn, der seit 2013 als erster Grüner eine Landeshauptstadt regiert, zeigt, wie stark wir kommunal verwurzelt sind.
Im Landtag sind wir in den 1990ern in der Opposition – doch in den Städten und Gemeinden übernehmen wir schon erfolgreich Regierungsverantwortung: sachorientiert, mit Gespür fürs Land. Und die Menschen haben großes Vertrauen in uns.

Verwurzelt

Grüne Kommunalpolitik in und für Baden-Württemberg

Der 30. September 2010 geht als „Schwarzer Donnerstag“ in die Landesgeschichte ein: Wasserwerfer vertreiben und verletzen friedliche Demonstrierende im Stuttgarter Schlossgarten, darunter viele Schüler*innen.

Der Protest gegen das Bahnhofsprojekt Stuttgart 21 politisiert die Menschen im Land. Der Wasserwerfereinsatz und der Umgang der Landesregierung unter Stefan Mappus damit sind Symptom für das problematische Demokratieverständnis und die Überheblichkeit der CDU. Nach 57 Jahren an der Macht regiert im Land der CDU-Filz.
Wir Grüne setzen uns für den Stopp von Stuttgart 21 ein: verkehrspolitisch unsinnig, teuer und ohne Beteiligung geplant. Wir kämpfen für eine neue politische Kultur und mehr Demokratie. Es wird immer deutlicher: Die Zeit der CDU ist abgelaufen, die Menschen fordern den Politikwechsel. Was wird die Landtagswahl im März 2011 bringen?

Die Zeit der CDU ist abgelaufen

Stuttgart 21 und EnBW-Deal: Die lähmende Mappus-Zeit

Die Zeit der Atomkraft ist abgelaufen

Foto: Grün-Rot gegen Atomkraft

Laufzeitverlängerungen und Fukushima: Sicher ist nur das Risiko

Ausstieg aus dem Ausstieg? Im Herbst 2010 droht der Atomausstieg zu scheitern. Wir Grüne haben seit Jahrzehnten dafür gekämpft und ihn möglich gemacht – die CDU will die Uhr zurückzudrehen. Doch Atomkraft bleibt Risikotechnologie.

Die schwarz-gelbe Bundesregierung erklärt Atomkraft zur vermeintlichen „Brückentechnologie“ und möchte die AKWs acht bis 14 Jahre länger am Netz lassen. Wir Grüne demonstrieren mit Zehntausenden auf den Straßen der Republik gegen die Laufzeitverlängerungen.
Am 11. März 2011 beginnt nach einem schweren Erdbeben die Katastrophe im japanischen Kernkraftwerk Fukushima: Land und Meer werden radioaktiv verseucht, über hunderttausend Menschen müssen ihre Häuser aufgeben. Die Nachrichten aus Fukushima sind erschütternd. Die Risiken der Atomkraft sind zu groß, um sie in Kauf zu nehmen. Auch Schwarz-Gelb macht nun eine Kehrtwende.

Der Wechsel beginnt

Foto: Vereidigung Ministerpäsident Winfried Kretschmann - StM

Ein historischer Frühling

Am 27. März 2011 haben die Bürger*innen in Baden-Württemberg Geschichte geschrieben. Sie haben den Wechsel gewählt und die CDU auf die Oppositionsbank geschickt. Mit 24,2 Prozent werden die Grünen zweitstärkste Fraktion. Winfried Kretschmann, der erste grüne Ministerpräsident, wird am 12. Mai vereidigt.

„Der Wechsel beginnt“: So überschreiben Grüne und SPD ihren Koalitionsvertrag. Sozialer, ökologischer und weltoffener soll Baden-Württemberg werden. In der Regierung sind so viele Frauen wie noch nie vertreten. Ein Knackpunkt bleibt Stuttgart 21. Grüne und SPD vereinbaren, dass darüber die erste Volksabstimmung der Landesgeschichte entscheiden soll.
Mit der grün-geführten Landesregierung ist das Land bei sich selbst angekommen. Sach- und lösungsorientiert, innovationsfreudig, mit klarem Wertekompass – und grün – ist jetzt endlich auch die Regierung.

Einen neuen Politikstil wagen ...

Politik des Gehörtwerdens: So beschreibt Winfried unseren neuen Politikansatz. Mehr direkte Demokratie und Beteiligung der Bürger*innen. Darin war das Land Jahrzehnte Schlusslicht vor Grün-Rot. Wir stehen für Dialog und Transparenz statt undurchsichtigen Von-oben-herab-Regierens.

... dazu gehören auch Niederlagen

Die Volksabstimmung zu Stuttgart 21 am 27. November 2011 geht nicht so aus, wie wir hofften. Es kommt keine Mehrheit für den Ausstieg zustande. Eine bittere Niederlage – doch auch das gehört zur Demokratie: ein Ergebnis anzuerkennen, das nicht den eigenen Wünschen entspricht.

Grün tut dem Land gut

Wir machen Baden-Württemberg ökologischer, weltoffener, sozialer. Im Schwarzwald geben wir der Natur ein Stück Wildnis zurück und richten den ersten Nationalpark im Land ein – ein Pfund für den Naturschutz und die Region. Damit Bildungserfolg nicht mehr von der Herkunft abhängt, können Jugendliche jetzt in der Gemeinschaftsschule länger gemeinsam und mit individueller Förderung lernen.
Made for Baden-Württemberg: Stadt und Land, Baden und Schwaben, Alteingesessene und „Neigschmeckte“ sind für uns Grüne keine Gegensätze. Digitalisierung ist bei uns Chefsache, wir fördern ökologische Innovationen. Der ländliche Raum mit seiner Bedeutung für Landwirtschaft, Naturschutz und nachhaltigen Tourismus ist ein wichtiger Pfeiler unserer Politik. Gut leben in der Stadt und auf dem Land ist unser Ziel.

Five more years

Der Landtagswahlkampf 2016 wird bestimmt durch die Flüchtlingskrise. Kretschmann macht klar, dass es eine europäische Flüchtlingspolitik anstelle immer stärkerer nationaler Abschottung braucht. Vor der Wahl zeichnet sich ab, dass das Ergebnis erneut ein historisches werden könnte ...

Und so kommt es auch: Mit 30,3 Prozent werden die Grünen das erste Mal stärkste Kraft in einem Landtag. Doch das Ergebnis hat auch Schattenseiten, nicht zuletzt das starke Abschneiden der rechtspopulistischen AfD. Für die Koalition mit der SPD reicht es nicht mehr. Stattdessen setzen wir unseren Weg nun mit neuen Weggefährten fort: Am 12. Mai 2016 kommt die erste grün-schwarze Regierung unter dem alten und neuen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann ins Amt.

Das neue Baden-Württemberg

Foto: Wir blättern durch das Buch - Das neue Baden-Württemberg

Sie, die Bürgerinnen und Bürger, haben den Anstoß gegeben und sich mit uns auf den Weg in das neue Baden-Württemberg gemacht.

Entdecken Sie, was sich verändert hat. Entdecken Sie, wo mehr Zukunft entsteht. Entdecken Sie die Erfolge der grün-geführten Landesregierung.

Das neue Baden-Württemberg